Irreführung: Tesla darf Elon Musk doch nicht 56 Milliarden Dollar geben

Das größte Wertpapierpaket der Geschichte für einen Manager ist unfair und damit rechtswidrig. Elon Musk verarmt zur drittreichsten Person der Welt.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 486 Kommentare lesen
Elon Musk

(Bild: Frederic Legrand - COMEO/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Tesla hat Elon Musk enorm überbezahlt. Das war zwar von den Aktionären genehmigt, aber auf Grundlage irreführender Angaben des Verwaltungsrates. Damit ist die Entscheidung der Aktionäre ungültig und Elon Musk verliert ein Rekordpaket aus Tesla-Wertpapieren, die 55,8 Milliarden US-Dollar wert wären. Das ist etwa ein Viertel jenes Vermögens, das Musk im Bloomberg Billionaires Index bisher zugeschrieben wurde.

Und so stürzt Musk vom Thron des reichsten Menschen der Welt auf den dritten Platz dieser Liste ab. Da halfen auch die vom Tesla-Justiziar vor Gericht vergossenen Tränen nicht. Musk und die ebenfalls beklagten Mitglieder des Verwaltungsrates können allerdings Rechtsmittel gegen die am Dienstag ergangene Entscheidung des Delaware Court of Chancery einlegen.

Anfang 2018 verkündete der Verwaltungsrat ein riesiges Paket an Tesla-Aktienoptionen für Firmenchef und Teilhaber Elon Musk. Er sollte zwar kein Gehalt, aber in zwölf Teilen über zehn Jahre Aktienoptionen erhalten, die in Summe rund 1,69 Millionen Aktien entsprechen – sofern Tesla-Aktien während der Laufzeit bestimmte Kursziele erreichen und Tesla bestimmte Finanzzahlen schafft.

Auch ohne Elon Musks Stimmen genehmigten die Aktionäre diese Zuteilung. Allerdings wurden sie dabei vom Verwaltungsrat doppelt in die Irre geführt. Die zuständigen Verwaltungsratsmitglieder wurden als von Elon Musk unabhängig bezeichnet, obwohl sie es nicht waren, wie das Gericht festgestellt hat. Und es habe gar keine echten Verhandlungen über Musks Entlohnung gegeben. Das haben die verantwortlichen Tesla-Funktionäre vor Gericht ausgesagt. Vielmehr war es Musk selbst, der Zeitplan und Bedingungen vorgab.

Nicht einmal eine Verpflichtung, bestimmte Leistungen oder Arbeitszeit zu erbringen, enthält das für Musk aufgesetzte Optionenprogramm. Und tatsächlich, so hält das Urteil fest, habe Musk nach der Übernahme Twitters den Löwenanteil seiner Zeit dort verbracht, und nicht für Tesla aufgebracht.

Zudem wurden die für die Zuteilung der Optionen zu erreichenden Kennzahlen gegenüber den entscheidungsbefugten Aktionären als schwierig zu erreichende Ziele dargestellt. Tatsächlich lagen sie unter den internen Vorhersagen Teslas, mit denen das Unternehmen auch bei Banken hausieren ging. Ein Aktionär fühlte sich über den Tisch gezogen und erhob Sammelklage gegen Musk sowie sechs Mitglieder des Tesla-Verwaltungsrats. Schließlich verwässert die Ausgabe von Aktienoptionen den Wert jener Aktien, die andere Teilhaber besitzen.

Tesla ist nach dem Recht des US-Staates Delaware eingerichtet; dieses setzt im Wirtschaftsbereich regelmäßig auf Gerechtigkeit (fairness). So auch hier, weil Musk Tesla kontrolliert und damit ein Interessenkonflikt besteht. Zwar hält der Mann nur eine Minderheit der Aktien, aber die Kombination aus großem Aktienpaket, Stellung als Chief Executive Officer, und Einfluss über den Verwaltungsrat macht hier laut Urteil tatsächliche Kontrolle über die konkrete Vereinbarung auf beiden Seiten aus.

Außerdem kennt das Recht eine Beweislastumkehr: Weil die Entscheidung der Aktionäre auf irreführenden Angaben beruhte, hätten die Beklagten, Musk und die Verwaltungsräte, zeigen müssen, dass die Entlohnung Musks fair war. Das ist ihnen nicht gelungen, wie die Richterin, Chancellor Kathaleen St. Jude McCormick, in ihrem 200 Seiten langen Urteil ausführt.

Sie betont schon in der zusammenfassenden Einleitung, wie ausnehmend hoch das Optionenprogramm war: "Mit einem Höchstwert von 55,8 Milliarden US-Dollar und einer fair value zum Ausgabezeitpunkt von 2,6 Milliarden Dollar war es das größte potenzielle Entlohnungsprogramm, das je in öffentlichen Märkten gesehen wurde, um mehrere Größenordnungen – 250-mal größer als der zu der Zeit übliche Medianwert der Entlohnung (von Managerkollegen) und mehr als 33-mal größer als das (bis dahin) größte Vergleichspaket, das Musks vorhergegangenes Entlohnungsprogramm war."

Die Beklagten argumentierten, dass sich der Börsenwert Tesla prächtig entwickelt habe, und Musk ohne das Optionenpaket völlig ohne Entlohnung dastehen würde. Dieses Argument lässt die Richterin nicht gelten: Da Musk Anfang 2018 rund 22 Prozent der Tesla-Aktien besaß, sei es ohnehin in seinem finanziellen Interesse gewesen, den Börsenwert Teslas zu steigern. Mit oder ohne zusätzliche Aktienoptionen.

Das Verfahren heißt Richard J. Tornetta v Elon Musk et al und wurde am Delaware Court of Chancery unter dem Az. 2018-0408-KSJM geführt.

(ds)