Japan, Indien, Malaysia: Asien baut neue Rechenzentren für KI-Boom

KI braucht Heerscharen neuer Server, und dafür Rechenzentren. Europa baut in bisschen, die USA viel mehr; Asien-Pazifik stellt beide in den Schatten.​

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Mehrere Reihen Serverschränke

(Bild: IM Imagery/Shutterstock.com)

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Immer mehr Server arbeiten für Künstliche Intelligenzen (KI). Europa kann beim Bau neuer Rechenzentren nicht mit der zusätzlichen Nachfrage mithalten, und in den USA sind noch weniger Kapazitäten für Server frei, obwohl dort deutlich mehr gebaut wird. Beide werden allerdings von der Region Asien-Pazifik überrundet. Wurden an den fünf Top-Standorten Europas im ersten Halbjahr 138 Megawatt Serverkapazität hinzugefügt, und in den Top 8 Städten der USA 515 MW, waren es in der Asien-Pazifik-Region nicht weniger als 1,3 GW.

Diese Zahl bezieht sich auf Australien, die Volksrepublik China, deren Sondergebiet Hongkong, Indien, Indonesien, Japan, Malaysia, Neuseeland, die Philippinen, Singapur, Südkorea, Taiwan, Thailand und Vietnam, und beruht auf Erhebungen der Marktbeobachter von Cushman & Wakefield. Der KI-Boom hat in der Region eine Trendwende herbeigeführt: In den letzten beiden Jahren sind die Investitionen in Rechenzentren eingebrochen, wie die Immobilienexperten von CBRE berichten; 2019 wurden in der Region knapp 1,5 Milliarden Dollar in neue Datenzentren investiert, 2020 verdoppelte sich das auf 3 Milliarden, 2021 wurde die 4-Milliarden-Grenze durchbrochen. Treiber war China samt Hongkong.

2022 fiel die Summe allerdings unter den Wert von 2019, und 2023 stoppten die Investitionen in China und Hongkong praktisch völlig. Chinas Immobilienmarkt steckt seit 2021 in einer tiefen Krise. Nur einem Boom in Japan ist es zu verdanken, dass 2023 noch eine Milliarde Dollar in neue asiatische Rechenzentren geflossen ist. Für dieses Jahr erwartet CBRE wieder einen Aufschwung, erneut getragen von Japan. "Aktivitäten anderswo werden begrenzt sein", schreiben die Marktbeobachter.

Natürlich schlagen sich die Investitionen nicht sofort in neue Gebäude für Server nieder, die Vorlaufzeiten werden in Jahren gemessen. Derzeit hat Volksrepublik China (ohne Hongkong und Macao) 4,2 GW Serverkapazität, was etwa jener der Top 15 Standorte Europas zusammen entspricht. Dahinter folgen Japan und Indien (je 1,4 GW) sowie Australien (1,2 GW). Die Top 14 oben genannten Märkte Asiens haben zur Jahresmitte 11,6 Gigawatt Kapazität erreicht, wovon, wie erwähnt, alleine 1,3 GW im ersten Halbjahr hinzugekommen sind.

Den größten Zuwachs an Rechenzentrumskapazitäten verzeichnete im ersten Halbjahr Malaysia (+80%, vorwiegend in Johor, das an Singapur grenzt), gefolgt von Indien (+28%). Indiens Kapazitäten haben sich in nur 18 Monaten verdoppelt. Rechnet man existierende, in Bau befindliche und geplante Standortkapazitäten zusammen, kommt China voraussichtlich auf 6,5 Gigawatt, Japan und Indien auf je 4 GW und Australien auf 3,5 GW. Wichtigste Städte sind dabei Tokio (das erst im Vorjahr die Gigawatt-Schwelle überschritten hat), Peking, Sydney und Schanghai mit jeweils über 2 GW, gefolgt von Johor (1,9 GW) und Mumbai (1,8 GW). Jede einzelne dieser Städte stellt selbst Europas wichtigsten Standort Frankfurt in den Schatten.

Ins Hintertreffen gerät derweil Südkorea; aufgrund von Anrainerprotesten sowie neuer Auflagen hinsichtlich Stromverbrauch ist der Bau neuer Rechenzentren praktisch zum Erliegen gekommen. Hintergrund ist, dass Südkorea fast seine gesamte Energie auf dem Seeweg importiert. Auch in Singapur ist Strom Mangelware. Obwohl es das teuerste Pflaster für Serverstandorte ist, hat Singapur praktisch keine freien Kapazitäten. Die besonders gute Anbindung an internationale Glasfaserstrecken ist eben attraktiv.

Das erklärt, warum in Johor die Rechenzentren wie Pilze aus dem Boden schießen: Der malaysische Bundesstaat liegt am Festland gegenüber Singapur. Seit 101 Jahren verbindet ein Damm Singapur mit Johors Hauptstadt Johor Bahru. Darüber fließen nicht nur Verkehr und Trinkwasser, sondern auch Daten.

Was das Wachstum bei den Rechenzentren in der Asien-Pazifik-Region bremst, ist, wie in den USA und Europa auch, der Mangel an ausreichender Stromzufuhr. Gerade in Japan fehlen allerdings auch Fachkräfte. Wie Cushman & Wakefield berichten, hat sich ein geplantes Rechenzentrum in Odawara zwar für 2025 Stromversorgung sichern können. Aus Mangel an Arbeitskräften musste es seine Eröffnung dennoch auf 2027 oder womöglich 2028 verschieben. Mit Abschluss der Vorbereitungen auf die Osaka Expo 2025 werden zwar Bauarbeiter verfügbar, das dürfte die Lage aber nur geringfügig entspannen. Die gute Nachricht: Nicht alle geplanten Kapazitäten sind bereits im Voraus vermietet. Und für Mumbai und Hongkong weist die Erhebung für das erste Halbjahr 19 Prozent Leerstand aus. Wer dort Server aufstellen möchte, hat es deutlich einfacher als in Europa oder gar den USA.

(ds)