John Carmack: Facebooks Metaverse ein "Honigtopf für Architektur-Astronauten"

Oculus-Berater John Carmack äußert Kritik an Facebook: Das Metaversum könne man nicht einfach so aus dem Boden stampfen, sagte er auf seiner Connect-Keynote.

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John Carmack bei seiner Stream-Keynote auf der Facebook Connect 2021

(Bild: Facebook)

Lesezeit: 4 Min.

Der VR-Pionier John Carmack hat sich in seiner Connect-Keynote kritisch zu den Metaverse-Plänen von Facebook geäußert. Er glaube an die Idee des Metaversums, sagte Carmack in dem Livestream. Das Vorgehen von Facebook hält er aber für falsch: Das Metaversum könne nicht einfach aus dem Boden gestampft werden, sondern müsse sich im Lauf der Zeit aus anderen Anwendungen entwickeln.

Carmack war nach seiner Zeit beim Spieleentwickler id Software als Chief Technical Officer (CTO) bei Oculus VR tätig. Er behielt diese Position auch nach der Übernahme durch Facebook bei, bevor er sie 2019 niederlegte, um sich verstärkt der KI-Forschung zu widmen. Seitdem wird er als "beratender CTO" von Facebooks VR-Abteilung geführt. In dieser Rolle sprach er im Rahmen von Facebooks Connect-Konferenz offen über die Metaverse-Pläne des Unternehmens.

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"Mir liegt das Metaversum wirklich am Herzen, und ich glaube an die Vision", sagte Carmack. Intern habe er sich dennoch stets gegen seine Entwicklung gewehrt. Carmack glaubt, das Metaverse müsse als Nebenprodukt der Technik entstehen, die für andere Anwendungen entwickelt wird. Den direkten Weg, den Facebook einschlägt, sieht er dagegen kritisch: "Sich vorzunehmen, das Metaverse zu entwickeln, ist nicht der beste Weg, das Metaverse auch tatsächlich zu bekommen."

Sehr deutlich richtet sich Carmack anschließend gegen Menschen, die er als "Architecture Astronauts", also "Architektur-Astronauten" bezeichnet. Damit meint er Programmierer und Designer, die nur abstrahiert – also wie Astronauten von weit oben – auf Entwicklungen blicken, ohne sich mit der praktischen Umsetzung ihrer ambitionierten Visionen zu befassen.

"Das Metaverse ist ein Honigtopf, eine Falle für solche Architektur-Astronauten", klagte Carmack in seiner Keynote. Die Botschaft ist klar: Zum Metaverse kommt man Carmack zufolge nur, wenn man Schritt für Schritt vorgeht. Das kann als Kritik an Meta-Chef Mark Zuckerberg verstanden werden, der bei der Facebook Connect hochtrabend ein allgegenwärtiges Metaverse schon in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Aussicht gestellt hat.

"Aber so ist es nun mal: Mark Zuckerberg hat entschieden, dass es jetzt an der Zeit ist, das Metaverse zu bauen", sagte Carmack weiter. Es sei nun geboten, die massiven Ressourcen des Unternehmens möglichst geschickt einzusetzen. Sein Ratschlag: Facebook solle sich auf die Entwicklung tatsächlicher Produkte als Zwischenschritt auf dem Weg zum Metaverse konzentrieren, ohne sich in Technologien, Architektur und Initiativen zu verrennen. Carmack lobt etwa den Mehrwert von Metaverse-Vorläufern wie "Horizon Worlds" und der Meeting-Anwendung "Horizon Workrooms".

Das Metaverse ist eine geplante VR-Welt von Facebook, in der gespielt, gesprochen und erkundet werden kann – eine Art Second Life in der virtuellen Realität. Zuckerberg sieht darin die Evolution der sozialen Medien. Facebooks Metaversum steht allerdings unter anderem vor technischen Herausforderungen: Aktuelle VR-Brillen sind weit davon entfernt, sich nahtlos in den Alltag der Trägerinnen und Träger einzufügen. Auch Facebooks eigene Oculus-Headsets sind klobig, technisch limitiert und müssen nach zwei Stunden Betrieb an den Strom.

Facebooks Oculus-Abteilung arbeitet an einem neuen VR-Headset namens Cambria, das einige fürs Metaverse gedachte Funktionen mitbringt. Dazu gehören etwa Sensoren, die den Gesichtsausdruck von Trägerinnen und Trägern erfassen können. Derartige Features brauche man aber nicht zwangsläufig fürs Metaversum, glaubt Carmack. Er hoffe, dass das Metaversum in Zukunft nicht nur auf High-End-Headsets, sondern auch auf günstigeren Geräten laufen wird.

(dahe)