Julian Assange: Stress im Asyl

Der Wikileaks-Gründer zeigte sich sehr erleichtert über die Entscheidung Ecuadors, ihm Asyl zu gewähren. Die Entscheidung sei ein Sieg für ihn und seine Leute, auch wenn die Dinge jetzt stressiger würden. Großbritannien will das Asyl nicht anerkennen.

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Von
  • Detlef Borchers

Wikileaks-Gründer Julian Assange hat sich sehr erleichtert über die Entscheidung Ecuadors gezeigt, ihm Asyl zu gewähren, heißt es in britischen Medien. Die Entscheidung sei ein Sieg für ihn und seine Leute, auch wenn die Dinge jetzt stressiger würden. Via Twitter kündigte Wikileaks an, dass Assange am kommenden Sonntag "vor der ecuadorianischen Botschaft" sprechen werde.

Ob Assange wirklich vor der Botschaft auftreten kann, ist umstritten. In seiner Stellungnahme zum Fall Assange betonte der britische Außenminister William Hague, dass sein Land die Form des "diplomatischen Asyls" nicht anerkennen werde, die Ecuador gewählt hat, indem Assange als diplomatischer Mitarbeiter der Botschaft aufgenommen wurde. "Dieses ist alles andere als ein allgemein akzeptiertes Vorgehen: Das Vereinte Königreich hat keinerlei Abkommen unterzeichnet, die uns dazu verpflichten, die Vergabe eines diplomatischen Asyls durch eine ausländische Botschaft in unserem Land zu akzeptieren." Außerdem sei das diplomatische Asyl selbst in den Ländern, die dieses akzeptierten, kein Weg, um sich vor dem Gericht zu drücken. Deshalb erhalte Julian Assange kein freies Geleit, betonte William Hague. Mutmaßungen, sein Land werde die Botschaft stürmen, seien jedoch falsch.

Auch Schweden hat auf die Entscheidung von Ecuador reagiert. Das Land, in dem Assange zu den Vorwürfen der sexuellen Nötigung verhört werden soll, hat den ecuadorianischen Botschafter einbestellt. Anders Jörle, der Pressesprecher des Außenministeriums, bezeichnete das Vorgehen von Ecuador als inakzeptabel. Er wies darauf hin, dass Schweden eindeutige Gesetze habe, die die Auslieferung eines Menschen für den Fall verbieten, dass ihm in einem anderen Land die Todesstrafe drohen könnte. Außenminister Carl Bildt twitterte, dass man Ecuadors Botschafter über diese Gesetze in Schweden informiert habe.

Mit der Entscheidung von Ecuador ist in London die Bewachung der Botschaft nach britischen Berichten verstärkt worden. So habe die Polizei Wärmekameras installiert, die feststellen können, ob Assange etwa im diplomatischen Gepäck aus der Botschaft geschmuggelt werden soll. Umgekehrt hat Ecuador, wie bereits berichtet, Überwachungskameras installiert, die einen befürchteten britischen Angriff auf die Botschaft dokumentieren sollen. In der Botschaft lebt Julian Assange in einem kleinen Raum mit Bett, Hometrainer und Internet-Anschluss.

In Quito versammelten sich am Donnerstagnachmittag (Orrtszeit) rund 50 Demonstranten vor der britischen Botschaft, um gegen die Regierung Großbritanniens zu protestieren. Polizisten riegelten das Botschaftsgebäude ab, um es vor den Demonstranten zu schützen, berichtete die Zeitung El Comercio.

Vor Ecuadors Botschaft im Zentrum von London kam es am Donnerstag zu Rangeleien zwischen Unterstützern des australischen Internet-Rebellen und der Polizei. Mehrere Demonstranten wurde von unbewaffneten Polizisten abgeführt. Aktivisten von Anonymous riefen via Twitter dazu auf, sich vor der Botschaft Ecuadors in London zu versammeln.

Assange steht im Verdacht, in Schweden zwei Frauen sexuell belästigt und in einem Fall sogar vergewaltigt zu haben; er soll zur Befragung nach Schweden ausgeliefert werdent, eine Anklage gibt es bislang nicht. Assange soll im August 2010 mit zwei Frauen Geschlechtsverkehr gehabt haben und dabei gegen deren Willen kein Kondom benutzt haben. Die schwedische Staatsanwaltschaft geht in einem der Fälle von Vergewaltigung aus.

Assange bestreitet die Vorwürfe. Er vermutet einen Komplott. Der 41-Jährige befürchtet, von Schweden in die USA abgeschoben zu werden. Mit seinen Wikileaks-Veröffentlichungen zu den Konflikten im Irak und in Afghanistan hatte er vor allem die US-Regierung massiv in Schwierigkeiten gebracht. Die angebliche Quelle für die Informationen, der US-Soldat Bradley Mannings, steht in den Staaten vor Gericht. Ihm droht lebenslange Haft.

Assange hatte in Großbritannien in einem anderthalbjährigen Prozessmarathon versucht, die Auslieferung gerichtlich zu verhindern. Nach erfolglosem Ausschöpfen des gesamten Instanzenweges hatte er sich in die ecuadorianische Botschaft geflüchtet und um Asysl ersucht. Ecuador gewährte Assange am Donnerstag dieses Asyl und erklärte gleichzeitig, ihn zum ecuadorianischen Staatsbürger und Mitarbeiter der Botschaft in London machen zu wollen. Mit Ecuadors Präsident Rafal Correa, der als US-Kritiker gilt, ist Assange persönlich befreundet.

Siehe zur Auseinandersetzung um das Asyl für Julian Assange:

(jk)