Jupiters obere Atmosphäre überrascht mit komplexen Strukturen

Die obere Atmosphäre des Jupiters rund um den Großen Roten Fleck galt bisher als homogen. Doch sie scheint doch nicht so langweilig zu sein.

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Obere Atmosphäre des um den Großen Roten Fleck des Jupiters.

Eine Aufnahme mit dem Nah-Infrarot-Spektrografen des James-Webb-Weltraumteleskops von der Atmosphäre rund um den Großen Roten Fleck des Jupiters.

(Bild: ESA)

Lesezeit: 3 Min.

Die obere Atmosphäre des Jupiters ist doch nicht so langweilig, wie von Astronomen bisher angenommen. Bei einer Untersuchung der Region über dem bekannten Großen Roten Fleck des Jupiters mit dem James-Webb-Weltraumteleskops (JWST) fanden Wissenschaftler mehrere bisher ungesehene Merkmale. Das teilte die European Space Agency (ESA) am Dienstag mit. Offenbar beherbergt diese Region eine Vielzahl komplexer Strukturen und Aktivitäten.

Im Gegensatz zu geostationären Teleskopen konnten die Wissenschaftler mit dem JWST die obere Atmosphäre des Jupiters oberhalb des Großen Roten Flecks detailliert beobachten und untersuchen. Die obere Atmosphäre gilt als Verbindung zwischen dem Magnetfeld des Jupiters und der unteren Atmosphäre. Dort sind hell leuchtende Nord- und Südlichter zu sehen, die durch vulkanische Ausstöße vom Jupitermond Io verursacht werden. Die Struktur der oberen Atmosphäre wird jedoch im Bereich des Äquators durch einfallendes Sonnenlicht beeinflusst. Bisher gingen die Astronomen davon aus, dass diese Region homogen ist, denn der Jupiter erhält lediglich vier Prozent des Sonnenlichts im Vergleich zur Erde.

Die Untersuchungen oberhalb des Großen Roten Flecks fanden bereits im Juli 2022 im Rahmen des Early Release Science Programs (ERS) statt, die in dem wissenschaftlichen Paper "Ionospheric irregularities at Jupiter observed by JWST" aufgearbeitet wurden, das in Nature Astronomy erschienen ist.

Für ihre Untersuchungen nutzten die Forscher den Nah-Infrarot-Spektrografen (NIRSpec) des James-Webb-Weltraumteleskops sowie die Fähigkeiten der Integral Field Unit. Die Astronomen entdeckten dabei nicht, wie vorher angenommen, eine trübe obere Atmosphäre, sondern eine, die viele komplizierte Strukturen aufwies, etwa dunkle Bögen und helle Flecken, wie die ESA schreibt. Diese sollen sich über das gesamte Sichtfeld erstrecken.

Die Wissenschaftler waren von dieser Erkenntnis überrascht worden, gingen sie doch davon aus, dass diese Region "langweilig" sein könnte. "Tatsächlich ist sie genauso interessant wie das Nordlicht, wenn nicht sogar noch interessanter", sagt Henrik Melin, Planetenforscher an der University of Leicester und Leiter des Forschungsteams. "Der Jupiter überrascht immer wieder aufs Neue."

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass das von dieser Region ausgehende, vom Sonnenlicht angetriebene Licht nicht allein für die Veränderungen der Form und Struktur der oberen Atmosphäre verantwortlich ist. Die Astronomen vermuten als eine Erklärungsmöglichkeit für die Veränderungen Schwerkraftwellen, die in der turbulenten unteren Atmosphäre rund um den Großen Roten Fleck entstehen und sich von dort in die Höhe bewegen. Sie könnten so Einfluss auf die obere Atmosphäre nehmen und deren Struktur und Emissionen verändern.

Das Forschungsteam will, wenn möglich, mit dem JWST weitere Beobachtungen durchführen. Sie wollen so mehr über die komplexen Wellenmuster herausfinden. Darunter ist von besonderem Interesse, wie sich die Wellen in der oberen Atmosphäre bewegen. Die Wissenschaftler erhoffen sich dadurch, Erkenntnisse über den Energiehaushalt der Region sowie die zeitlichen Veränderungen der Aktivitäten zu gewinnen.

(olb)