Justizministerin Zypries verteidigt Web-Sperren
Strafbare Inhalte mĂĽssten aus dem Netz entfernt werden. Zum Vorgehen gegen Urheberrechtsverletzer meint die Justizministerin, es sei bislang nicht geglĂĽckt, die Botschaft zu vermitteln, dass man nicht kopieren dĂĽrfe.
- Florian Rötzer
Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) stärkt Familienministerin von der Leyen (CDU) den Rücken. Bei den Internetsperren gehe es nicht um Zensur, sagte sie der Tageszeitung Die Welt, sondern darum, "strafbare Inhalte aus dem Netz zu entfernen". Immerhin habe die SPD der Union das Prinzip "Löschen vor Sperren" abgerungen. Vorrangig müsse sein, dass "der Dreck aus dem Netz" komme. Die Sperren müssten allerdings auf Kinderpornografie beschränkt bleiben, Misstrauen gegenüber staatlichen Filtern sei berechtigt.
Kritik an den Internetsperren wehrt sie ab: "Es gibt eine Gruppe von Internet-Usern, die glaubt: Im Netz darf man alles, das Internet ist ein Ort unbegrenzter Freiheit, jede Regel verletzt unsere Identität. Das ist falsch: Meine Freiheit, mein Recht endet auch im Netz dort, wo sie die Freiheit und das Recht von anderen verletzt. Grundrechten wie der Meinungsfreiheit sind im Internet genauso Grenzen gesetzt wie in der realen Welt. Es gibt kein Recht des Stärkeren oder technisch Versierteren. Was offline verboten ist, ist auch online verboten. Das ist keine Zensur, sondern eine simple Erkenntnis, die auch juristischen Laien verständlich sein sollte."
Sie selbst sei zwar im Internet unterwegs, wäre aber noch nie auf Websites gestoßen, von denen man illegal Musik oder Videos herunterladen konnte. Natürlich hätte sie diese auch nicht genutzt. Zypries gibt sich streng: Schon das vordigitale Aufnehmen von Musik sei verwerflich, meint die Justizministerin, gesteht aber auch ein, dass dies zwar für gewerbliche Absichten verboten, für private Zwecke jedoch durchaus erlaubt ist. "Schon in meiner Jugend war das Mitschneiden von Musik aus dem Radio üblich, damals auf Tonbändern oder Kassetten. Es gibt also eine gewisse Tradition zu glauben: Man darf das. Ähnlich ist es beim Kopieren von Büchern. Es ist weder der Industrie noch der Politik gänzlich geglückt, die Botschaft zu vermitteln: Man darf das eben nicht. Jedenfalls nicht, wenn man es nicht nur für sich privat kopiert."
Allerdings will Zypries nicht nur auf Verbote beharren, sondern wirft der Industrie auch vor, nicht frĂĽh genug auch "andere Vertriebsmodelle fĂĽr die digitale Welt" entwickelt zu haben. Die sieht Zypries aber doch offenbar wieder nur auf der Sicherheitsebene: "Um funktionierende Vertriebs- und Schutzsysteme mĂĽssen sich die Unternehmen aber selbst kĂĽmmern. Ich kann doch mein Auto auch nicht unverschlossen auf der StraĂźe stehen lassen und der Polizei sagen: Nun pass du mal auf!" Die Kritik der Piratenpartei nehme sie zwar ernst, aber irgendwie doch auch nicht. Die diskutiere auf einer "irrationalen Ebene" und verleihe nur einem "LebensgefĂĽhl" Ausdruck.
Siehe dazu auch:
- Familienministerin bedauert Kinderporno-Fauxpas mit Indien
- Indien weist Kinderporno-VorwĂĽrfe der Familienministerin zurĂĽck
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- Bundesinnenminister: Bei Internetregulierung kann man nicht auf globale Regeln warten
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- Ausweitung der Web-Sperren auf Hasspropaganda gefordert
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- Schadensbegrenzung, Warum die geplante Kinderporno-Sperre nicht Gesetz werden darf, Kommentar in c't 12/09
- Verschleierungstaktik, Die Argumente fĂĽr Kinderporno-Sperren laufen ins Leere, Analyse in c't 9/09
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