Justizministerium lehnt Kulturflatrate nicht mehr rundweg ab
Das Bundesjustizministerium hat neue Modelle zur Entlohnung Kreativer wie die Kulturflatrate oder die Kulturwertmark als "Bereicherung der Diskussion über die weitere Ausgestaltung des Urheberrechts" bezeichnet.
Das Bundesjustizministerium sieht neue Modelle wie die Kulturflatrate oder die Kulturwertmark nicht mehr nur kritisch. Solche Ansätze, mit denen Kreative entlohnt werden sollen, "bereichern" nach Ansicht des Ressorts die Diskussion über das Urheberrecht. Bisher lehnte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die Kulturflatrate entschieden als "Zwangskollektivierung" ab. Urheber könnten nicht mehr selbst über die Verwertung ihrer Werke bestimmen, das Urheberrecht würde auf einen bloßen Vergütungsanspruch reduziert.
Dennoch will das Justizministerium die neuen Entlohnungsverfahren nach wie vor nicht verfolgen, da sie dem "urheberrechtlichen Grundverständnis" nicht ausreichend Rechnung trügen. Das Internet dürfe "kein urheberrechtsfreier Raum" sein, schrieb das Justizressort in einer Antwort (PDF-Datei) auf eine Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion. Die Regierung wolle das Urheberrecht entschlossen weiterentwickeln und dabei ein "hohes Schutzniveau und eine wirksame Durchsetzbarkeit" gewährleisten. Allein der Urheber solle entscheiden dürfen, ob, wie und für welches Entgelt sein Werk genutzt werden darf.
Den bereits mehrfach angekündigten Entwurf für einen "Dritten Korb", mit dem das Urheberrecht an die Informationsgesellschaft angepasst werden soll, hat das Justizministerium eigenen Angaben nach noch immer nicht fertig. Zu einzelnen Themenbereichen der geplanten erneuten Novellierung nimmt die Bundesregierung daher nur skizzenhaft Stellung. Sie betont etwa, dass die im Koalitionsvertrag angelegte Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage "den Informationsfluss im Internet nicht behindern" werde. Die "beteiligten Kreise" seien bereits angehört worden.
Das Justizministerium beteuerte erneut seine ablehnende Haltung zu Internetsperren im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen. Ob Warnhinweise an Copyright-Sünder ein gangbarer Weg sein könnten, solle mit einer bei der Forschungsstelle für Medienrecht der FH Köln in Auftrag gegebene Studie geklärt werden.
Bei den vielfach kritisierten Abmahngebühren aufgrund von Urheberrechtsverstößen im Netz prüft das Justizressort, ob die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Regelung für eine Kostendeckelung den aktuellen Entwicklungen noch gerecht werden und die betroffenen Interessen angemessen ausgleichen. Die Regierung begrüßt es zugleich, wenn Urheber ihre Werke anderen im Rahmen des Prinzips "Open Access" unentgeltlich zur Verfügung stellen. Das geltende Urheberecht biete dazu bereits einen gesetzlichen Rahmen – was weitere Anpassungen aber nicht ausschließe.
Das Justizministerium will eine Regelung zur Nutzung verwaister Werke vorschlagen, deren Schöpfer nicht mehr ausfindig zu machen sind. Um eine Entscheidung des Gesetzgebers vorzubereiten, die Geltungsdauer der sogenannten Intranet-Klausel zu verändern, würden derzeit Beteiligte konsultiert. Der Vorschlag zum weiteren Vorgehen in dieser Frage werde aber nicht mit dem Dritten Korb, sondern gesondert vorgelegt. Bisher dürfen Lehrer und Wissenschaftler "kleine Teile" von Werken ausschließlich einem "bestimmt abgegrenzten Bereich von Unterrichtsteilnehmern" in einem Intranet "öffentlich zugänglich" machen. (anw)