KI-Geldrausch, China-Streit, ARM-Ansage

Bei der Jagd auf KI-Beschleuniger nutzen Firmen waghalsige Finanzkonstrukte. Intel-Chef argumentiert pro und contra China. ARM-Kunden wollen RISC-V fördern.

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Während der PC-Markt langsam aus der Talsohle empor krabbelt – es gibt erste Anzeichen für einen neuen Aufschwung, siehe Seite 48 –, schwächeln Verkaufszahlen von Servern für Firmen und Cloud-Rechenzentren. Doch um KI-Beschleuniger wie insbesondere Nvidias aktuelle Hopper-Chips (H100) prügeln sich KI-Firmen und -Start-ups geradezu. PC-Gamer unken bereits, Nvidia verlagere bei TSMC gebuchte Fertigungskapazität von Grafikkarten zu KI-Beschleunigern. Dabei mangelt es laut Experten nicht an den eigentlichen Halbleitern, sondern vielmehr an Verarbeitungskapazität der sogenannten Packaging-Anlagen. Denn KI-Beschleuniger werden in komplizierten Verfahren aus mehreren Chiplets zusammengefügt, beispielsweise sitzt der Hopper-Chip zusammen mit mehreren übereinandergestapelten HBM-Speicherchips auf einem gemeinsamen Träger.

Nvidias "Grace Hopper Superchip" GH200 kombiniert einen KI-Beschleuniger (rechts, H100/Hopper) mit einer ARM-CPU (links, Grace). 2024 kommt er mit 141 GByte superschnellem HBM3e-RAM.

(Bild: Nvidia)

Wie im Bit-Rauschen in c’t 17/2023 berichtet, hat sich das US-amerikanische Cloud-Unternehmen CoreWeave auf KI-Cluster spezialisiert, derzeit auf welche mit Nvidia H100. Letztere hat CoreWeave nun für 2,3 Milliarden US-Dollar bestellt und finanziert den Deal, indem es die Hardware an einen Investor verpfändet. Laut Marktbeobachtern liefert Nvidia zudem KI-Chips für 1 Milliarde US-Dollar an China und hat für 2024 schon chinesische Bestellungen im Wert von weiteren 4 Milliarden US-Dollar in den Auftragsbüchern. Abnehmer sind chinesische Cloud-Riesen wie Alibaba und Tencent. Sie bekommen wegen US-Sanktionen aber nur schwächere Versionen wie die A800.

Der schon im März 2022 angekündigte "Grace Hopper Superchip" alias GH200, der KI-Cluster ohne x86-Prozessoren von AMD oder Intel ermöglicht, wird seit Mai mit 96 GByte schnellem HBM3-RAM produziert. 2024 folgt eine Variante mit 141 GByte HBM3e.

Intel-CEO Pat Gelsinger rast unermüdlich um den Globus, um den riskanten Transformationsprozess seiner Firma zum Auftragsfertiger mit angeschlossener CPU-Sparte voranzutreiben. Auf der Jagd nach Investoren und Fördermitteln betont er gerne, Intel könne die Abhängigkeit der USA und der EU von fernöstlichen Zulieferern wie TSMC verringern.

Gleichzeitig befürchtet Gelsinger jedoch, dass ihm verschärfte US-Exportbeschränkungen nach China die Suppe versalzen. In China erzielt Intel 20 bis 30 Prozent seines Umsatzes, das Land ist laut Gelsinger Intels wichtigster Wachstumsmarkt – ebenso wie für andere Hightech-Firmen oder auch deutsche Autohersteller. Die US-Regierung will allerdings China mit Sanktionen dabei bremsen, bei KI und Supercomputing weiter vorzupreschen, weil das auch die militärische Macht stärkt. Gelsinger hingegen will "ungefährliche" Produkte weiter nach China verkaufen, damit sich die vielen teuren Intel-Fabs auch amortisieren. Dabei warnt er sogar davor, dass die milliardenschweren US-Subventionen für neue Chip-Fabs in den USA verpuffen könnten, wenn der Absatzmarkt China wegbricht. Irgendwie beißt sich bei dieser Argumentation jedoch die Katze in den Schwanz. Und Intels geplanten Zukauf des israelischen Auftragsfertigers Tower Semi verhinderte nun ausgerechnet China.

Die bisherige SoftBank-Tochterfirma ARM – der britische CPU-Entwickler – will wohl im September an die Börse, um möglichst viel frisches Kapital einzusammeln. Immer wieder wird über Ankerinvestoren spekuliert, etwa Amazon, Apple und Intel. ARM braucht viel Geld, um Technik für neue Wachstumsmärkte zu entwickeln. Daher will man auch bei Chipentwicklern und deren Kunden mehr Geld kassieren als bisher und geriet darüber in einen Rechtsstreit mit Qualcomm, einem der größten ARM-Lizenznehmer.

Da ist es eine klare Ansage, dass Qualcomm zusammen mit den ARM-Kunden Infineon, Bosch, NXP und Nordic Semi in Deutschland eine Firma gründet, die die RISC-V-Technik voranbringen soll. Noch hat dieses Unternehmen weder einen Namen noch einen Hauptsitz, aber der Verband Silicon Saxony will es nach Dresden locken. In Sachsen knallten kürzlich schon die (Rotkäppchen-)Sektkorken, als TSMC die Ansiedelung von ESMC verkündete.

Schon im Bit-Rauschen in c’t 19/2023 hatten wir über neue CPU-Sicherheitslücken berichtet, jetzt kam noch ein Schwung hinterher, etwa Inception und Downfall, siehe Seite 48. Laut Benchmarks der Website Phoronix entfalten die Linux-Patches gegen Intels Downfall-Lücke dabei einige Bremswirkung.

Zum Bit-Rauschen gibt es regelmäßig auch einen Podcast.

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(ciw)