KI-Update Deep-Dive: KI im Klassenzimmer
Ein Lehrer berichtet ĂĽber seinen Unterrichtsalltag mit KĂĽnstlicher Intelligenz.
Digitale Revolution im Unterricht
Was vor einem Jahr noch wie Science-Fiction klang, ist heute Realität im Schulalltag: Künstliche Intelligenz (KI) hat längst Einzug in deutsche Klassenzimmer gehalten: ChatGPT schreibt Hausaufgaben, erstellt Referate und fasst lange Bücher zusammen. Doch nicht nur Schülerinnen und Schüler nutzen die Vorteile der Technik. Sven Kaufmann, Studienrat an der Erich-Bracher-Schule im baden-württembergischen Kornwestheim-Pattonville, gibt Einblicke in seinen Unterrichtsalltag mit KI und zeigt auf, welche Chancen und Herausforderungen damit verbunden sind.
KI als Unterstützung für Lehrkräfte
Kaufmann arbeitet fast täglich mit KI. Wenn er für seine Klassen passende Unterrichtsmaterialien benötigt, lässt er sich diese von der KI generieren. So nutzt er zum Beispiel eine Kombination aus Sprachmodellen, um für seinen Englischunterricht perfekt auf das Thema abgestimmte Hör-Beispiele zu erstellen. "Früher hätte ich da wirklich lange gesucht, und ob ich dann überhaupt den passenden Hörverstehen-Test gefunden hätte, das wage ich zu bezweifeln", so Kaufmann. Wenn man sich erst einmal eingearbeitet habe, dann sei KI die erste Technik, die keine Mehrarbeit für Lehrkräfte darstelle, sondern sie wirklich langfristig entlasten könnte.
Kaufmann selbst hat bereits zwei Bücher geschrieben, die Lehrkräfte im Alltag mit KI unterstützen können. Gemeinsam mit Johanna Ebinger schrieb er das Handbuch "Künstliche Intelligenz im Unterricht – Sprachgesteuerte KI praxisorientiert einsetzen", das im Cornelsen Verlag erschienen ist. Erst kürzlich veröffentlichte er dann noch "KI: Fortgeschrittenes Prompting für Lehrkräfte: Innovative Strukturen, Techniken und Praxisbeispiele für den digitalen Bildungsalltag", um Lehrerinnen und Lehrern den Einstieg in das Thema zu erleichtern.
Individuelle Förderung durch Lernassistenten
Nicht nur für die Unterrichtsvorbereitung, auch im Unterricht selbst setzt Sven Kaufmann auf KI. Mithilfe von sogenannten Lernassistenten ermöglicht er seinen Schülerinnen und Schülern ein individuelles Lernen nach ihren Bedürfnissen. "Viele Sachen können sie mit der KI erledigen und bekommen Tipps und Anregungen. Und dann kommen sie mit ihren Tablets zu mir und zeigen mir die Punkte, über die sie sprechen wollen ", berichtet der Lehrer. Dabei entstehen sehr fokussierte Gespräche, in denen er sich gezielt um diejenigen kümmern kann, die wirklich Hilfe benötigen.
Mit seinen KI-Lernassistenten unterstützt er auch Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund beim Deutschlernen. "Eine Schülerin sagte mir, sie könne die KI viermal das Gleiche fragen, bis sie es verstanden hat – was sie sich im normalen Unterricht aus Scham nicht trauen würde", berichtet Kaufmann. Die KI ermögliche diesen Jugendlichen, in ihrem eigenen Tempo zu arbeiten, ohne dass sich der Rest der Klasse langweilt.
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Herausforderungen und Grenzen
Trotz aller Begeisterung sieht Kaufmann auch klare Grenzen beim KI-Einsatz. "Datenschutz ist ja Individualrecht, das darf man nicht vergessen", betont er. Er würde sich daher wünschen, dass an den Schulen zum Beispiel eine lokale KI eingeführt wird, um all die praktischen KI-Tools rechtssicher im Unterricht einsetzen zu können. Hier brauche es einen gesellschaftlichen Diskurs und einen Konsens zwischen Datenschutz und den Möglichkeiten von KI. Zudem warnt er davor, die KI als unfehlbar anzusehen: "Viele Schüler denken, die KI spuckt die letzte Weisheit aus. Das finde ich gefährlich." Medienpädagogische Aufklärung sei daher essenziell.
Sven Kaufmanns Erfahrungen zeigen, dass KI durchaus sinnvoll und gewinnbringend im Unterricht eingesetzt werden kann. Sie entlastet Lehrkräfte, ermöglicht individuelleres Lernen und eröffnet neue Möglichkeiten. Gleichzeitig darf man die Grenzen nicht aus dem Blick verlieren. Insgesamt ist sich Kaufmann sicher, dass eine Lehrkraft nicht durch KI ersetzt werden kann. Denn beim "Lernen und Lehren spielt noch mehr mit als nur Wissensvermittlung, da spielen auch Emotionen eine Rolle und auch Vertrauen".
(igr)