KI auf dem Prüfstand: Bundesweit erster KI-Test-Hub in Frankfurt eröffnet

Die Hessische Landesregierung und das Technikexperten-Netzwerk VDE haben in Frankfurt einen AI Quality & Testing Hub (AIQ) eröffnet – den ersten in Deutschland.

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(Bild: mixmagic/Shutterstock.com)

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Von
  • Silke Hahn
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In Frankfurt am Main ist das bundesweit erste Testzentrum für KI-Qualität entstanden: Gemeinsam mit dem Expertennetzwerk VDE hat das Land Hessen in Frankfurt den AI Quality & Testing Hub (AIQ) eröffnet. Standort ist das House of Logistics and Mobility (HOLM) in der Nähe des Frankfurter Flughafens. Ab sofort sollen Unternehmen dort die Möglichkeit haben, die Qualität ihrer KI-Systeme zu überprüfen, nachzuweisen und wenn nötig zu verbessern.

Das Prüfen im AIQ soll sicherstellen, dass Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz (KI) sich in Einklang mit der europäischen Werteordnung befinden. Rigoroses Testen vor dem Veröffentlichen von Programmen, die KI einsetzen, soll das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer stärken und die Sicherheit dieser Anwendungen auch praktisch erhöhen. Software, die KI-Elemente enthält, wird künftig europäischer Regulierung unterworfen sein, insbesondere dem bevorstehenden EU AI Act.

Die hessische Digitalministerin Kristina Sinemus hat den Hub am 13. Februar 2023 gemeinsam mit dem VDE-Präsidenten Alf Henryk Wulf im Rahmen einer Pressekonferenz und anschließenden Informationsveranstaltung eröffnet. Anwesend waren einige der führenden Köpfe aus der hessischen und deutschen KI-Forschung (wie DFKI und hessian.AI) sowie Industrie und Robotik, auch deutsche Behörden waren vor Ort vertreten und Fachleute unter anderem aus dem Gesundheitsbereich.

Eröffnung des AIQ in Frankfurt, von links: Dr. Michael Rammensee (AIQ-Geschäftsführer), Alf Henryk Wulf (VDE-Präsident), Prof. Dr. Kristina Sinemus (Hessische Digitalministerin) und Dr. Beate Mand (Stv. VDE-Vorstands-Vorsitzende / CFO)

(Bild: Stefan Sämmer / VDE)

Bei der Eröffnung stellte die Digitalministerin das Joint Venture mit Sitz in Frankfurt vor, das auf eine Kooperation der Landesregierung Hessen mit dem VDE, "einer der größten Technologieorganisationen Europas", fuße. Die Bedeutung des AI Quality & Testing Hub hat ihr zufolge Strahlkraft über Hessen und Deutschland hinaus, der AIQ sei "eines der ersten Reallabore Europas" für KI-Qualität. Das Land greife damit Vorgaben aus Brüssel wie die bevorstehende KI-Verordnung auf. Das Vorzeigeprojekt demonstriere, wie Regulierung sich in die Praxis umsetzen lasse. Sinemus zufolge sei ein weiteres Ziel, "KI made in Hessen" zu einem Markenzeichen zu machen. Das Hessische Digitalministerium setzt seinen strategischen Schwerpunkt auf KI: Wer mehr dazu wissen will, kann einen Blick in die hessische KI-Agenda werfen.

Kristian Kersting, Professor für Machine Learning an der TU Darmstadt und Co-Direktor des KI-Forschungszentrums hessian.AI, erläuterte dem Publikum, worum es geht: Aktuelle KI-Systeme würden durch die wachsende Zahl an Parametern und Eingabemodalitäten zunehmend komplexer. Einerseits lassen sie sich dadurch vielseitiger einsetzen, andererseits wird ihr Einsatz stets kostspieliger und schwieriger. Für ihn als Forscher und die Teams von Forschungszentren wie hessian.AI sei wichtig, den Nutzerinnen und Nutzern Gewissheit zu geben. KI-Systeme sind Kersting zufolge "wirksame Tools", und die Gesellschaft erwarte Mitwirkung. Denn Menschen wollen bei heutigen wie künftigen Entscheidungsprozessen Transparenz. Diesem Anspruch müsse KI-Forschung und müssten die aus ihr hervorgehenden Anwendungen erfüllen. Die Einrichtung des AIQ erlaube es, aktuelle Forschungsergebnisse direkter als bisher in die Tat umzusetzen.

Vertrauenswürdige KI ist auch das Hauptanliegen des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), das durch seinen wissenschaftlichen Direktor Philipp Slusallek vertreten war. Slusallek betonte, dass es für Deutschland und Europa um Wettbewerbsfähigkeit der Industrie gehe. Dafür brauche es jetzt Standardisierung, stärkere Vernetzung und Zusammenarbeit für Trusted-AI: Zertifizierung durch Einrichtungen des CERTLAB (Labor für Zertifizierung und Digitale Souveränität) sei zielführend. Aus der Industrie waren unter anderem Continental und die Merck-Gruppe vertreten, aber auch Repräsentanten aus dem Bereich Robotik und Medizintechnik, die geeignete Trainingsmaßnahmen für ihre Mitarbeiter anstreben, um KI-Qualität sicherzustellen.

Laut seinem Geschäftsführer Michael Rammensee bietet der neue AI Quality & Testing Hub neben individueller Beratung von Unternehmen und Organisationen Schulungen und Trainings, erstellt und lizenziert künftig qualitätsgesicherte Test- und Trainingsdatensätze für KI, mit denen sich die Ergebnisse von Algorithmen im Testlauf überprüfen lassen sollen. Geplant seien Simulationsumgebungen, die AIQ selbst entwickele und vermieten werde, unter anderem für den Bereich des autonomen Fahrens. Weitere Details lassen sich der Pressemeldung des Landes Hessen und des VDE entnehmen sowie der Website des QI Quality & Testing Hub.

Den VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.) mit Sitz in Frankfurt am Main gibt es bereits seit 130 Jahren. Die damals neue Technologie Elektrizität hatte zu dessen Gründung geführt und Standardisierung erfordert. Im VDE-Netzwerk engagieren sich laut Angaben des Verbands rund 2000 Mitarbeiter an über 60 Standorten weltweit, über 100.000 ehrenamtliche Fachleute und rund 1500 Unternehmen. Der VDE gilt als eine der größten Technologieorganisationen Europas und vereint dabei Wissenschaft, Standardisierung, Prüfung und Zertifizierung sowie Anwendungsberatung unter einem Dach.

Das VDE-Zeichen dient als Kennzeichnung für Sicherheitsstandards und Verbraucherschutz. Die Expertinnen und Experten des VDE-Netzwerks arbeiten heutzutage unter anderem an der Standardisierung, Prüfung und Zertifizierung von KI. Unter anderem findet sich auf den Seiten des Verbands eine "Normungs-Roadmap KI", die die im Frühjahr 2023 bevorstehende KI-Verordnung flankiert.

(sih)