KP China fällt Urteil über Webseiten-Betreiber
Seit über einem Jahr sitzt Huang Qi, Betreiber der chinesischen Webseite 6-4tianwang.com, wegen "Anstiftung zu Subversion gegen die Staatsmacht" hinter Gittern.
Seit über einem Jahr sitzt Huang Qi, Betreiber der chinesischen Webseite 6-4tianwang.com, hinter Gittern. Am Dienstag hat, wie erst jetzt bekannt wurde, das Gericht in Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan, den Prozess abgeschlossen. Vor einem endgültigen Urteil werden allerdings zunächst die zuständigen Parteibehörden gehört, sagte Huangs Schwiegervater gegenüber US-Nachrichtenagenturen. Huangs Familie war von dem Prozess ausgeschlossen.
"Wir haben einen langen Weg vor uns, ich danke allen von Euch, die sich für Chinas demokratischen Fortschritt einsetzen. Die Polizei ist jetzt da, auf Wiedersehen." Das war Huang Qis letzte E-Mail, bevor er 3. Juni vergangenen Jahres von der Polizei in Chendu festgenommen wurde. Huang Webseite war durch kritische Artikel über vermisste Personen und über Korruption ins Visier der Behörden geraten. Ausschlaggebend für die Verhaftung war schließlich die Veröffentlichung von Texten zum Jahrestag des Massakers vom 4. Juni und zu Unabhängigkeitsbestrebungen in Chinas Nordwesten. Die im Februar dieses Jahres erhobene Anklage lautet auf "Anstiftung zu Subversion gegen die Staatsmacht".
Mehrfach wurde seitdem der Prozess gegen Huang verschoben, zuletzt möglicherweise mit Blick auf Pekings inzwischen erfolgreiche Bewerbung um die olympischen Spiele. Am vergangenen Dienstag ging es dann laut Informationen des englisch-chinesischen Newsportals Boxun ganz schnell, der Prozess dauerte nur etwas zwei Stunden. Huang muss nach Einschätzung seines Anwaltes Gao Xiaoping mit einer Gefängnisstrafe von 10 Jahren rechnen, berichtete CNN. Gaos Einwand, Huang habe die beanstandeten Nachrichten nicht selbst gepostet, werde ihm nichts nützen. "Die Polizei hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, Material von seinem Server in Chengdu zu sichern, um festzustellen, ob er verantwortlich war", betont Gao. Die ermittelnden Behörden seien mit der Technologie zu wenig vertraut.
Bei der Blitzverhandlung am Dienstag durfte nicht einmal Huangs Frau teilnehmen. Fotos, die sie von ihrem Mann auf dem Weg zum Gericht machte, wurden laut verschiedenen Berichten konfisziert. "Wir hätten gerne ein Foto gehabt, weil es ein Jahrzehnt dauern kann, bevor wir ihn wieder sehen werden", sagte Huangs Schwiegervater. Huang sei zwar dünn geworden, habe aber relativ aufgeräumt gewirkt.
Inzwischen findet sich auf der Seite ein Hilferuf von Huangs Frau Zeng Li, die eine Familie sucht, in der sie den gemeinsamen Sohn unterbringen kann. Sie befürchte sowohl finanzielle Probleme als auch politische Repressalien. "Wenn daher irgendeine Familie, die einen Jungen adoptieren möchte, garantiert, dass er seine Schulausbildung beenden kann, würde ich ihn zur Adoption freigeben", heißt es auf der Seite. (Monika Ermert) / (jk)