Kabel Deutschland will Konkurrenten kaufen

Nach dem Fall des staatlichen Monopols droht im deutschen Kabelnetz nun ein privates.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Die Kabel Deutschland GmbH schickt sich an, mit dem Erwerb der Kabelgesellschaften in Nordrhein-Westalen, Hessen und Baden-Württemberg zum alleinigen Betreiber von Kabel-TV aufzusteigen. Offiziell herrscht in den betroffenen Unternehmen noch ein Redeverbot. Aber aller Voraussicht nach sollen schon an diesem Mittwoch die Verträge endgültig unter Dach und Fach gebracht werden.

Als ein Filetstück mit mehr als 4 Millionen angeschlossenen Haushalten gilt dabei Nordrhein-Westfalen. Der Kölner Kabelnetzbetreiber ish, der viel Geld in die Modernisierung der maroden Kabelnetze investierte und seit der Pleite des Investors Callahan zu einem internationalen Bankenkonsortium gehört, bietet in mehreren Städten des Landes digitales Bezahl-Fernsehen mit zahlreichen Sendern (ish Plus TV).

Doch die Nachfrage ist begrenzt: Seit November haben erst 5000 Kunden die zusätzlichen Angebote abonniert. Unternehmenschef James Bonsall hofft auf 30.000 bis 40.000 Nutzer bis zum Jahresende. Ein Sprecher zeigt sich zuversichtlich: "Wir werden unsere Pläne 2004 schwungvoll umsetzen". 400 Millionen Euro will das Unternehmen in diesem Jahr umsetzen und ein Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von 200 Millionen Euro erwirtschaften. Die KDG steht kurz vor der Einführung von digitalen TV-Angeboten.

Für den Erwerb von ish sowie der hessischen iesy und von Kabel Baden-Württemberg müssen die Gesellschafter der KDG (Goldman Sachs, Apax, Providence Equity) tief in die Tasche greifen. Die Financial Times Deutschland bezifferte am Montag den gesamten Deal auf einen Wert von 2,6 Milliarden Euro, davon sollen alleine 1,4 Milliarden Euro auf ish entfallen.

Vor gut einem Jahr hatte der Eigentürmer der KDG (Umsatz: 1 Milliarde Euro und 2600 Beschäftigte) sechs Kabelregionen der Telekom für 1,7 Milliarden Euro gekauft. Im Vergleich zu den 5,5 Milliarden Euro, die Liberty Media zuvor geboten hatte, sich aber beim Kartellamt ein Verbot einhandelte, geradezu ein Schnäppchen. Insgesamt würde sich mit dem Zukauf die Zahl der durch die KDG direkt und indirekt angeschlossenen Haushalte von 10 auf 18 Millionen erhöhen.

Gespräche der Firmen habe es auch schon mit dem Bundeskartellamt gegeben, bestätigte eine Sprecherin der Behörde. Inhaltlich machte sie aber keine weiteren Angaben. Erst müssten die Übernahmen angemeldet werden, danach beginne die Prüfung. Ob die obersten Wettbewerbshüter erneut einschreiten werden, ist ungewiss. Doch die Chancen stehen diesmal deutlich besser als beim Versuch von Liberty Media, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen.

"Wir bieten eine offene Plattform für alle Programmanbieter", beteuert Kathrin Kleinjung von der KDG. Es gebe keineswegs ein Monopol, sondern einen Wettbewerb der Infrastrukturen, meint sie mit Blick auf Kabel, Satellit und Terrestik (DVB-T) und der DSL-Technik. In den Regionen hätten die Haushalte im übrigen noch nie groß zwischen mehreren Kabelnetz-Betreibern auswählen können.

"Kabel Deutschland positioniert sich als eine Art digitaler Kiosk, an dem sich der Konsument aus einem vielfältigen Angebot bedürfnisgerecht sein Wunschprogramm zusammenstellen kann", beschreibt der Sprecher der Geschäftsführung, Roland Steindorf, die Strategie des Unternehmens. KDG sei Programmvermarkter und nicht Programmveranstalter.

Bei der Landesmedienanstalt in Nordrhein-Westfalen stoßen die Übernahmepläne indes auf Ablehnung. Die Medienwächter fürchten eine Einschränkung der Medienvielfalt. "Wir würden zurückfallen auf eine Monopolsituation, wie wir sie schon einmal gehabt haben, als das Kabel noch im Besitz der Deutschen Telekom war", betont LfM-Direktor Norbert Schneider. "Einen Fortschritt kann man das nicht nennen". (Peter Lessmann, dpa) / (tol)