Kanada: Erster Glasfaser-Ring in Permafrost ist fertig

Der Canada North Fibre Loop ist fertig. Er bringt redundante Bandbreite nach Nordwestkanada, und damit auch zur deutschen Satellitenstation in Inuvik.​

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Bodenfräsmaschine im Schnee

Ist das Bodenmaterial nicht zu lose, kann mit so einer Maschine ein Schlitz für Glasfaser gefräst werden. Andernfalls muss tief in den Fels gebohrt werden.

(Bild: Northern Lights GP)

Lesezeit: 8 Min.
Inhaltsverzeichnis

Der Canada North Fibre Loop ist geschlossen. Das teilt die Regierung des Yukon-Territoriums im Nordwesten Kanadas mit. Soweit bekannt ist es der erste in Permafrostboden verlegte Glasfaserring der Welt. Er ist rund 4.000 Kilometer lang und wird dem Yukon sowie den benachbarten Nordwest-Territorien ab Dezember erstmals redundante Glasfaseranbindung bescheren. Die dort häufigen Ausfälle von Internet und Mobilfunk sollten damit deutlich seltener werden.

Davon werden auch das Deutsche Luft- und Raumfahrt-Zentrum (DLR) und andere Raumfahrt-Organisationen profitieren. Sie betreiben in der Stadt Inuvik Bodenstationen, die zunächst nur als Backup genutzt werden konnten, weil verlässliche Breitband-Anbindung fehlte.

Der Canada North Fibre Loop. Die durch den Blitz angedeutete Richtfunkstrecke zwischen Ferry Hill (nahe Dawson City) und Inuvik wird durch die Dempster Fibre Line ersetzt. Das schließt den Canada North Fibre Loop.

(Bild: Northern Lights GP)

Glasfaser im Permafrost muss noch besser verpackt und geschützt werden als Unterseekabel. Wenn die oberste Bodenschicht taut und friert, kommt es zu starken Verschiebungen, was großen Druck auf das Kabelgehäuse ausübt. Dazu kommen extreme Temperaturschwankungen. Das Material muss nicht nur jahrzehntelang extrem tiefe Temperaturen aushalten, sondern auch den häufigen Flur- und Waldbränden widerstehen.

Der Yukon 482.000 Quadratkilometer groß, etwa ein Drittel mehr, als die Bundesrepublik Deutschland. Das 1898 von den Nordwest-Territorien (NWT) abgespaltene Gebiet liegt zwischen der Arktischen See im Norden, den NWT im Osten, der Provinz Britisch-Kolumbien im Süden und Alaska im Westen. Von den gut 46.000 Einwohner leben fast 33.000 in der Hauptstadt Whitehorse, der Rest verliert sich in den kühlen Gefilden. Die NWT sind noch dünner besiedelt: Knapp 45.000 Menschen auf 1,35 Millionen Quadratkilometern – größenordnungsmäßig 30 Prozent der Gesamtfläche der EU.

Entsprechend gering ausgebaut war die Glasfaserinfrastruktur. Aus Britisch-Kolumbien führt ein Glasfaserstrang in den Yukon, zur Hauptstadt Whitehorse und, seit 2021, noch knapp 400 Kilometer weiter nach Dawson City im Klondike – eine Region, die Fans von Dagobert Duck als angebliche Quelle seines enormen Reichtums wohlbekannt ist. In den NWT ist die Lage ähnlich: Eine Glasfaser aus Alberta in die NWT-Hauptstadt Yellowknife (gut 20.000 Einwohner) wurde bis 2017 um 1.200 Kilometer entlang des Mackenzie-Flusses nach Inuvik verlängert.

Damit gab es erstmals Glasfaser nördlich des Polarkreises. Doch waren sowohl die Stichleitung in den Yukon als auch die NWT häufig unterbrochen. Weil die Strecken tausende Kilometer lang ist, kommt es häufig irgendwo zu einer Mure, einem Waldbrand, einer Überschwemmung oder unvorsichtigen Bauarbeiten, und schon geht ein ganzes Territorium offline. Auch Mobilfunk, Kassensysteme, Geldautomaten, Notruf und sogar der Flugbetrieb waren regelmäßig betroffen. Die Reparaturarbeiten dauern dann; das Klima ist harsch und die Anreise der Mannschaften zum Unfallort lang.

Richtfunk und Satellitenverbindungen konnten die Datenmengen nicht abführen. Seit Herbst 2022ist Starlink im Yukon verfügbar und angesichts der unzuverlässigen Glasfaser-Probleme auch populär – so populär, dass Starlink-Betreiber SpaceX in Whitehorse seit diesem Sommer keine neuen Kunden mehr anschließt. Die regionale Kapazität der Satelliten ist erschöpft, das Unternehmen führt eine Warteliste.

Hier setzt die Dempster Fibre Line an: Sie verbindet über rund 778 Kilometer entlang des Dempster Highway Inuvik mit Dawson City. Das schließt den Canada North Fibre Loop. Bricht die Glasfaser an einer Stelle, läuft der Datenverkehr in der anderen Richtung durch den Ring ins Internet. Die meisten User werden von Leitungsgebrechen gar nichts merken. Ihre Bandbreite ändert sich nicht mehr, die Rundlaufzeiten nur minimal.

Canada North Fibre Loop (22 Bilder)

Maschinen

Schweres Baugerät wie dieses tut sich auf gefrorenem Boden wesentlich leichter als auf aufgetautem. 
(Bild: Northern Lights GP)

Beschlossen wurde das Projekt 2018, der Baubeginn verzögerte sich um zwei Jahre auf 2021. Das Geld kam vorwiegend Mitteln des Bundes (59 Millionen kanadische Dollar); weitere Beiträge kamen vom Yukon (5 Millionen Dollar) und dem Netz-Monopolisten Northwestel (15 Millionen Dollar). Eigentümer der Dempster Fibre Line ist die kanadische Krone, verwaltet wird die Infrastruktur vom Yukon-Territorium, das Northwestel für 20 Jahre mit dem Betrieb beauftragt hat.