Kanada bekommt den "Hochschultrojaner"
Die kanadische Vereinigung von Universitätslehrern hat den Abschluss von Verträgen zweier Hochschulen des Landes mit der Lizenzierungsgesellschaft "Access Copyright" kritisiert, da mit diesen eine umfassende Überwachung verknüpft sei.
Die kanadische Vereinigung von Universitätslehrern hat den Abschluss (PDF-Datei) von Verträgen zweier Hochschulen des Landes mit der Lizenzierungsgesellschaft "Access Copyright" scharf kritisiert, da mit diesen eine umfassende Überwachung verknüpft sei. Die Ende Januar getroffenen Vereinbarungen der Universitäten Western Ontario und Toronto machten den Einsatz neuer Instrumente nötig, um die tatsächlich an den Einrichtungen verwendeten geschützten Werke und ihre Nutzungshäufigkeit zu kontrollieren, schreibt die Canadian Association of University Teachers (CAUT) in einer jetzt veröffentlichten Einschätzung (PDF-Datei). Die vorgesehenen Datenschutzbestimmungen und Verweise auf die akademische Freiheit seien dagegen lächerlich.
Die Verträge definierten als Vervielfältigungen selbst Übertragungen per E-Mail sowie das Speichern, Hochladen, Anzeigen oder gar Verlinken digitaler Dateien, beklagt die Organisation weiter. Die noch nicht näher konkretisierten Überwachungswerkzeuge müssten daher tief in die Grundrechte von Professoren, Bibliothekaren, Forschern und Studenten einschneiden, um eine effektive Kontrolle zu ermöglichen.
Das Abkommen erinnert an die hiesige Debatte um einen "Schultrojaner". In beiden Fällen geht es letztlich um die Vergütung für das Kopieren von Lehrmaterial. Auch in Kanada zahlten die Universitäten dafür jahrelang eine Pauschale an "Access Copyright", die dann an die Rechteinhaber ausgeschüttet wurde. Damit ist die Verwertungsgesellschaft aber seit einiger Zeit nicht mehr zufrieden. Sie hat den kanadischen Hochschulen angesichts der zunehmenden Vervielfältigungs- und Verbreitungsmöglichkeiten digitaler Werke den Abschluss neuer Verträge vorgeschlagen, die mehr oder weniger eine Einzelabrechnung konkreter Nutzungen mit dem damit einhergehenden Überwachungsregime vorsieht.
Bislang haben sich die betroffenen Bildungseinrichtungen geschlossen gegen diese Gängelung positioniert. Sie verweisen auf die bestehenden breiten Ausnahmenregeln zur Einschränkung der Verwertungs- und Urheberrechte im Interesse von Lehre und Bildung gemäß dem nordamerikanischen "Fair Use"-Prinzip. Dieses solle mit der laufenden Copyright-Reform in Kanada noch einmal ausdrücklich gesetzlich verankert werden. Zudem setzten sich alternative Veröffentlichungen gemäß dem "Open Access"-Modell immer weiter durch, die von den Autoren kostenfrei ins Netz gestellt werden.
Der Verbund der Hochschullehrer bedauert daher, dass die beiden Universitäten dem Druck der Lizenzierungsgesellschaft nachgegeben hätten. Sie müssten nun für jeden Vollzeitstudenten und dessen Überwachung 27,50 Dollar jährlich zahlen, während die bestehende Pauschalrate nur 3,75 Dollar pro anno betrage. Auch wenn derzeit noch Zusatzgebühren für spezielle Kursmaterialien dazukämen, sei die Erhöhung in keiner Weise gerechtfertigt. Übel stößt der CAUT zudem die deutliche Ausweitung der Bestandtat des Kopierens auf.
(jo)