Katastrophenschutz: Handy-Alarm in Österreich erfolgreich getestet

In vier Wochen soll Cell Broadcast in Österreich in Betrieb gehen, fünf Jahre verspätet. Am Montag gab es die ersten öffentlichen Tests.

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Ein Hangrutsch hat erhebliche Teile eines Hauses mit sich gerissen

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

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Um Jahre verspätet führt Österreich behördliche Alarme in Textform ein, die automatisch an Handys zugestellt werden. Erste öffentliche Tests in Teilen des Landes sind am Montag erfolgreich verlaufen, wie die Behörden mitteilen. Am 5. Oktober soll ein österreichweiter Test folgen, als Teil des jährlichen Zivilschutz-Probealarms. Dann soll das System namens AT-Alert seinen Regelbetrieb aufnehmen. Geplant war das bereits für 2019.

Doch erst vor eineinhalb Jahren kam die notwendige Verordnung zur Unterstützung des Katastrophenschutzes mit Cell Broadcast in Österreich. Das Dokument legt die technischen Parameter fest. Mittels Cell Broadcast können gebührenfrei Warnungen vor Katastrophen, Suchaufrufe nach abgängigen Kindern und ähnliche dringende Mitteilungen auf Mobiltelefone geschickt werden. Die Zustellung erfolgt rundfunkartig an alle kompatiblen Smartphones, die in einer Funkzelle eingebucht sind – unabhängig von Telefonnummern. Daher die Bezeichnung Cell Broadcast.

Der AT-Alert wird die vorhandenen Zivilschutzsirenen als Warn- und Alarmsystem ergänzen. Im Anlassfall sollen dadurch möglichst viele Menschen in einem betroffenen Gebiet direkt über ihr Handy erreicht werden. Allerdings zeigt nicht jedes Mobiltelefon die Mitteilungen automatisch an. Je nach Modell muss der Anwender im Voraus das Betriebssystem aktualisieren und passende Einstellungen vornehmen.

Die Absender definieren das geografische Zielgebiet, die Netzbetreiber wählen dann die dazu passenden Mobilfunkzellen aus – was sich natürlich von Netz zu Netz unterscheiden kann, insbesondere im ländlichen Raum. Im Randbereich eines Warngebiets kann also vorkommen, dass in einem Mobilfunknetz eingebuchte Handys eine Warnung anzeigen, in einem anderen Netz eingebuchte Telefone hingegen nicht.

Deutschland hat Cell Broadcast am 23. Februar 2023 aktiviert und setzt es seither intensiv ein – im ersten Jahr gab es in Deutschland 219 Alarme. Bei Katastrophenfällen werden die Warnungen von den Lagezentren der Bundesländer sowie von den Leitstellen der Landkreise und kreisfreien Städte abgesetzt. In Österreich sind zehn Absender vorgesehen: das Innenministerium sowie die ebenfalls für Zivilschutz zuständigen Landeswarnzentralen der neun Bundesländer. In den USA werden behördliche Notfall-Mitteilungen bereits seit 2012 an Handys verteilt.

Jeder österreichische Mobilfunkbetreiber muss zwei voneinander unabhängige Ausspieleinrichtungen (Cell-Broadcast Center, CBC) betreiben. Technisch setzt Österreich auf das Common Alerting Protocol CAP 1.2 von OASIS in der Ausformung AT-Alert. Diese Variante verzichtet auf viele optionale Parameter, um das System simpel zu halten. Die österreichischen Behörden betonen, dass es wichtig sei, auf den Mobiltelefonen das aktuellste Betriebssystem zu installieren, damit die Alarme auch empfangen werden können.

Die Mitteilungen werden wiederholt ausgeschickt, je nach Dringlichkeit minütlich bis zehnminütlich. Die Wiederholungen dienen dazu, Endgeräte zu erreichen, die bei früheren Versuchen nicht eingebucht waren. Durch eine eindeutige Identifikationsnummer wird sichergestellt, dass ein Handy dieselbe Warnmitteilung kein zweites Mal anzeigt, selbst wenn es das Mobilfunknetz gewechselt haben sollte.

Multimedia-Elemente gibt es nicht, weil deren Massenversand die Netze überlasten könnte. Hyperlinks könnten theoretisch im Text enthalten sein, doch ist deren Einsatz umstritten: Wenn zigtausende Empfänger gleichzeitig den Link zu einer Webseite oder einer Telefonnummer klicken, könnte das Netz erst recht wieder ins Wanken geraten.

Technisch ist das System für alle möglichen Mitteilungen geeignet, nicht bloß Warnungen und deren Tests. Beispielsweise wurde Cell Broadcast in Tansania 2008 eingeführt, um von der aktuellen Netzauslastung abhängige Rabatte auf Mobilfunktarife anzuzeigen. Solch kommerzielle Anwendungen sind in Österreich nicht geplant. Erstmals öffentlich vorgeführt wurde das System bereits 1997.

(ds)