Kaum gruselig: Methode zur Befestigung lebender Haut an Robotern entwickelt​

Forschern der Universität Tokio haben lebende Haut flexibel auf Robotern befestigt. Sie soll ihnen künftig Tastsinn und andere biologische Funktionen verleihen.

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Haut, die an einem Roboter befestigt wurde.

Fans von Doctor Who fühlen sich bei diesem Bild vermutlich an Cassandra O’Brien.Delta 17 erinnert.

(Bild: Shoji Takeuchi et al.)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Bisher kennt man mit lebender Haut überzogene Roboter nur aus Filmen wie Terminator. Doch nun hat ein Forscherteam rund um Prof. Shoji Takeuchi von der Universität Tokio eine Methode zur Befestigung von "Hautäquivalenten" auf robotischen Oberflächen entwickelt. Diese von den Forschenden "Perforationsanker-Technik" getaufte Methode, ahmt die Struktur menschlicher Hautbänder nach und erlaubt es so, lebende Haut auf Robotern anzubringen. Erschienen ist die Arbeit des Teams in der Zeitschrift "Cell" als Open Access.

Die Integration von lebender Haut auf humanoiden Robotern ist nicht nur aus ästhetischen Gründen von Interesse, sondern auch wegen der biologischen Funktionen, die lebende Haut bieten kann. Dazu gehören Selbstheilung, Tastsinn und Temperaturregulierung. Diese Eigenschaften könnten humanoide Roboter in verschiedenen Anwendungen, von der Pflege bis zur Industrie, erheblich verbessern. Bisherige Methoden zur Befestigung von Hautgewebe auf Robotern hatten jedoch Einschränkungen hinsichtlich der Stabilität und Flexibilität der Befestigung. Konventionelle Ansätze, wie das Schrumpfen der Haut um ein Objekt oder die Verwendung von hervorstehenden Ankern, wiesen oft Probleme wie Deformationen oder ästhetische Beeinträchtigungen auf. "In dieser Studie ist es uns [jedoch] gelungen, das menschliche Aussehen bis zu einem gewissen Grad nachzubilden, indem wir ein Gesicht mit dem gleichen Oberflächenmaterial und der gleichen Struktur wie beim Menschen geschaffen haben", sagt Prof. Shoji Takeuchi.

Mit v-förmigen Ankern inspiriert von menschlichen Hautbändern befestigte das Team von Prof. Shoji Takeuchi die Haut auf der Roboteroberfläche.

(Bild: Shoji Takeuchi et al.)

Die vom Team entwickelte Technik verwendet perforierte Anker, um die Hautäquivalente sicher an der Oberfläche eines Roboters zu befestigen. Diese Anker sind den menschlichen Hautbändern nachempfunden, die das Hautgewebe an den darunter liegenden Strukturen befestigen. Durch v-förmige Löcher in der Roboteroberfläche wird ein mit Hautzellen beladenes Gel aufgetragen, das in die Anker eindringt und dort aushärtet. Diese Methode ermöglicht eine gleichmäßige und stabile Fixierung, die auch äußeren Einflüssen standhält.

Einen wichtigen Schlüssel zum Erfolg sehen die Forschenden in einer Wasser-Dampf-Plasmabehandlung, die die Hydrophilie der Ankeroberfläche erhöht und damit das Eindringen des Kollagengels verbessert. Diese Behandlung verringere den Kontaktwinkel des Gels, was zu einer besseren Verteilung und Haftung des Gels innerhalb der Anker führe. Tests hätten gezeigt, dass die Plasmabehandlung die Verteilung des Kollagens auf der Ankeroberfläche deutlich verbessere und somit eine stabilere Befestigung gewährleiste.

Die Forscher demonstrierten die Vielseitigkeit der Perforationsanker, indem sie ein 3D-Gesichtsmodell und einen 2D-Roboter mit lebendiger Haut überzogen. In einem weiteren Experiment wurde ein Robotergesicht mit einer Hautschicht überzogen, die durch mechanische Aktuatoren lächelnde Gesichtsausdrücke erzeugen konnte. Diese Demonstrationen zeigen das Potenzial der Technologie für Anwendungen, die sowohl funktionelle als auch ästhetische Anforderungen erfüllen müssen.

Mechanische Tests zeigten, so die Wissenschaftler, dass die Anker eine hohe Zugfestigkeit aufweisen und das Schrumpfen des Hautäquivalents wirksam verhindern. Anker mit größerem Durchmesser bieten demnach eine höhere Festigkeit, allerdings auf Kosten der Flexibilität. Die Versuche zeigten, dass selbst Anker mit einem Durchmesser von nur 1 mm in der Lage sind, das Schrumpfen des Hautgewebes deutlich zu reduzieren. Größere Anker bieten zwar stärkere Verbindungen, schränken aber die Designflexibilität ein und müssen daher sorgfältig platziert werden.

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Um die Auswirkungen der Anzahl und Anordnung der Anker zu simulieren, verwendeten die Forscher Finite-Elemente-Methode, die typischerweise zur numerischen Berechnung von Materialeigenschaften und in der Fluiddynamik zum Einsatz kommt. Die Simulationen zeigten, dass die Dichte und die Anordnung der Anker die Zugfestigkeit und die zulässige Verformung des Hautäquivalents beeinflussen. Die Arbeit kommt zu dem Schluss, dass es keine allgemeingültige optimale Ankeranordnung gibt. Vielmehr muss die Anordnung in Abhängigkeit von den spezifischen Anforderungen der zu schützenden Fläche und ihrer Wechselwirkung mit der Umgebung festgelegt werden. Bereiche mit häufigem Außenkontakt, wie Hände und Füße, sollten eine höhere Ankerdichte aufweisen, während Bereiche, die häufigen Verformungen ausgesetzt sind, eine geringere Ankerdichte benötigen.

Die Nutzung von lebender Haut auf Robotern könnte insbesondere in Bereichen wie der humanoiden Robotik, der Prothetik und der kosmetischen Chirurgie neue Möglichkeiten eröffnen. Die Fähigkeit zur Selbstheilung und die Anpassung an verschiedene Umgebungen machen lebende Haut zu einem idealen Material für diese Anwendungen. In Zukunft sollen die mechanischen Eigenschaften der "Hautäquivalente weiter verbessert und die Integration von kultiviertem Muskelgewebe" zur Erzeugung noch realistischerer Bewegungen erforscht werden. Darüber hinaus könnten detaillierte Untersuchungen zur Faltenbildung durch Gesichtsmuskelaktivität Erkenntnisse für kosmetische Anwendungen liefern, so die Forscher.

(vza)