Keine Ermittlungen gegen bayerischen Innenminister wegen Bayerntrojaners
Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I geht nicht einer Anzeige der Piratenpartei Bayern nach. Diese wirft dem Innenminister und dem LKA-Präsidenten vor, gesetzwidrige Online-Durchsuchungen angeordnet zu haben.
Gegen den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wird nicht wegen des Einsatzes des so genannten Bayerntrojaners ermittelt. Das schreibt der Freisinger Rechtsanwalt Thomas Stadler in seinem Weblog. Stadler hatte im Oktober für die Piratenpartei Bayern Anzeige erstattet gegen Herrmann, den Präsidenten des bayerischen LKA Peter Dathe und weitere Personen, die an der Anordnung und dem Einsatz der Überwachungssoftware beteiligt waren.
Stadler hatte sich auf die §§ 202a und 202c des Strafgesetzbuchs berufen, in denen es um das unbefugte Ausspähen von Daten geht. Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I begründet ihre Ablehnung nach Angaben des Rechtsanwalts damit, dass nach einer Entscheidung des Landgerichts Landshut ein gerichtlicher Beschluss nach § 100a der Strafprozessordnung vorgelegen habe, durch den der Trojanereinsatz gerechtfertigt sei.
In der Anzeige hieß es, das LKA habe eingeräumt, den Trojaner seit 2009 in insgesamt 22 Fällen eingesetzt zu haben, davon 12-mal im laufenden Jahr. Das Landgericht Landshut habe bereits im Januar beanstandet, dass die Software Screenshots anfertigen könne und diese Praxis für rechtswidrig erklärt. Dieser Beschluss sei vom LKA "offenbar bewusst ignoriert" worden. Zudem sei nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auch "juristisch offensichtlich, dass derartige Maßnahmen unzulässig sind". Die Umleitung der vom Trojaner erfassten Daten über einen Server in den USA werfe zudem datenschutzrechtliche Fragen auf.
Stadler setzt nun nach, in dem Landshuter Verfahren habe die Staatsanwaltschaft auf Betreiben des LKA eine richterliche Anordnung für eine Quellen-TKÜ beantragt. Der Ermittlungsrichter sei dabei bewusst im Unklaren darüber gelassen worden, dass die eingesetzte Software weit mehr kann und zusätzlich auch eine Onlinedurchsuchung durchführt, für die es keine Rechtsgrundlage gebe. Anschließend berufe man sich zur Rechtfertigung der Onlinedurchsuchung auf den richterlichen Beschluss.
Ebenfalls im Oktober war dem Chaos Computer Club eine staatliche Spionagesoftware zugespielt worden, mit der Ermittler unter anderem VoIP-Telefonate mithören können. Die untersuchten Trojaner sollen nicht nur höchst intime Daten auslesen, sondern bieten auch eine Fernsteuerungsfunktion zum Nachladen und Ausführen beliebiger weiterer Schadsoftware. Die Software und vergleichbare Trojaner wurden außer in Bayern auch in anderen Bundesländern eingesetzt. (anw)