Kernel-Log: Neue Atheros-WLAN-Treiber und Stable-Kernel, radeon vs. radeonhd

Atheros hat den für USB-WLAN-Hardware geeigneten Treiber Otus unter Open-Source-Lizenz veröffentlicht; neue Kernel-Versionen beseitigen Fehler und Sicherheitslücken; X.org-Entwickler entfernen radeonhd aus der Liste der offiziellen X.org-Module

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 71 Kommentare lesen
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis

Der seit einigen Monaten bei Atheros beschäftigte Linux-WLAN-Spezialist und -Entwickler Luis R. Rodriguez hat die Veröffentlichung des Treibers Otus unter der Open-Source-Lizenz ISC bekannt gegeben. Das Ziel der Freigabe des für die 802.11n-USB-WLAN-Chips UB81, UB82 und UB83 von Atheros geeigneten Treibers ist das gleiche wie diesen Sommer bei der Veröffentlichung des WLAN-Treibers ath9k für 802.11n-PCI/PCIe-WLAN-Chips vom selben Hersteller: Den Treiber zusammen mit der Open-Source-Community verbessern, um ihn möglichst bald in den Hauptentwicklungszweig von Linux aufzunehmen. Wie gut das klappen kann, hatte zuvor schon ath9k gezeigt, den die Kernel-Hacker schon wenige Wochen nach der Veröffentlichung in Juli in den Hauptentwicklungszweig aufnahmen, aus dem vor kurzem Linux 2.6.27 hervorging. Da die nächsten Versionen von Fedora, OpenSuse und Ubuntu diese Kernel-Version mitbringen werden, wird allen drei auch ath9k beiliegen.

Greg Kroah-Hartman hat bereits angekündigt, den Treiber in Linux-Staging aufzunehmen. Bevor er aber als regulärer Treiber mit Linux ausgeliefert wird, gibt es wohl noch einiges zu verbessern – so enthält der Treiber auch Code zur Unterstützung älterer Kernel-Versionen, den die Kernel-Hacker bei in Linux integrierten Treibern nicht gerne sehen.

Rodriguez ist derzeit aber auch in anderen Bereichen aktiv: Erst kurz zuvor hatte er eine Diskussion zum weiteren Vorgehen zur besseren Unterstützung der System-Stromsparmechanismen und -Schlafzustände im WLAN-Stack von Linux angeregt. Die ToDo-List der WLAN-Entwickler umfasst für diese Bereiche gleich mehrere Einträge; Bereit der OLS-Vortrag vom WLAN-Subsystem-Verwalter John W. Linville hatte diesen Sommer die Nutzung der Stromsparmechanismen als größeres Problem der WLAN-Unterstützung von Linux hervorgehoben.

Neue 2.6.27-Varianten

Nachdem Linux 2.6.27.1 letzte Woche den Code deaktivierte, der wahrscheinlich die Ursache für das e1000e-Problem war, brachte die zwei Tage später veröffentlichte Version 2.6.27.2 zahlreiche weitere Korrekturen für die vor knapp zwei Wochen veröffentliche Kernel-Version 2.6.27.

Doch damit nicht genug – direkt im Anschluss an die Freigabe von 2.6.27.2 begann die Vorbereitungsphase für die Linux-Versionen 2.6.25.19, 2.6.26.7 und 2.6.27.3. Bis zum heutigen Abend haben die Betreuer der Stable-Kernel-Series anderen Kernel-Entwicklern noch Zeit gegeben, Kommentare zu vorgesehenen Änderungen loszuwerden; kurz danach dürften die drei neuen Kernel dann erscheinen. Wer selbstkompilierten Kernel auf Systemem mit neueren Grafik-Chipsätzen von Intel (G33 und später) einsetzt, sollte diese Versionen unbedingt einspielen, da sie eine Korrektur für ein als CVE-2008-3831 geführte Sicherheitslücke mitbringen, die diese Mainboard-Chipsätze betrifft. Einige Linux-Distributoren liefern teilweise bereits neue Kernel aus, die das Problem ebenfalls beseitigen.

Auch Anwender von 2.4er-Kerneln sollten über ein Update nachdenken: Die Linux-Version 2.4.36.8 bringt verschiedene Korrekturen für Fehler und stopft dabei drei als "medium local security issues" eingestufte Sicherheitslücken.

Nächste Runde: radeon vs. radeonhd

Der X.org-Entwickler Daniel Stone hat kürzlich den Open-Source-Treiber radeonhd aus der Liste der offiziellen X.org-Module entfernt und dabei darauf verwiesen, dass das Projekt bereits einen Treiber für Radeon-Karten habe ("Drop radeonhd [...] We already have a Radeon driver.") – dabei spielt er auf den zu Treiberpaket ati gehörenden Open-Source-Treiber (radeon) an. Der unterstützt genau wie der Treiber radeonhd eine Vielzahl der aktuellen Radeon-Grafikkartenmodelle und bietet einen ähnlichen Funktionsumfang, wobei in der Vergangenheit mal der eine, und mal der andere eine Funktion oder Grafikkarte zuerst unterstützt hat. Zudem finden sich in beiden Treibern Codefragmente des jeweils anderen und bei der für 3D-Unterstützung wichtigen Mesa 3D haben die Entwickler der beiden Treiber aktiv zusammengearbeitet; ältere Radeon-Grafikkarten unterstützt allerdings nur der ältere Treiber radeon.

Der bei Novell beschäftigte Radeonhd-Entwickler Luc Verhaegen kritisiert Stone deutlich für sein Vorgehen. Daraus entstand eine Diskussion, in der einige bekannte Linux- und X.org-Entwickler die Entfernung verteidigen und Nachteile aufzeigen, die durch die parallele Entwicklung mehrerer Treiber für die gleiche Hardware entstehen.

Ob die Entfernung Bestand hat, ist derzeit genauso wenig abzusehen wie die langfristigen Folgen für Anwender, Distributoren und Radeonhd-Programmierer. Sofern es aber so bleibt, wie es ist, stehen die Chancen ein klein wenig besser, dass sich radeon als Standardtreiber für Radeon-Grafikkarten etabliert.

Kernel-Log-Staccato

  • Die Veranstalter des Linux Kongress 2008 haben vor kurzem viele Präsentationsfolien der von zahlreichen bekannten Kernel-Hackern als Zuhörer oder Referenten besuchten Veranstaltung auf der Kongress-Homepage verlinkt. Mit einigen der Vorträge hatte sich vor kurzem bereits ein Artikel auf heise open näher beschäftigt und dabei auch auf einige Textfassungen und Präsentationsfolien verlinkt, die die Referenten veröffentlicht hatten. Auch Lars Ellenberg von Linbit hat die Textfassungen seines Vortrags "DRBD 9 & Device-Mapper – Linux Block Level Storage Replication" veröffentlicht.
  • Ingo Molnar hat einen neuen Entwicklerzweig "fix all build warnings, on all configs" gestartet. Dort will er Patches sammeln und für die Aufnahme in den Kernel vorbereiten, die Compiler-Warnungen beim Übersetzen des Kernels beseitigen.
  • Die Git-Entwickler haben Version 1.6.0.3 der unter anderem zur Kernel-Entwicklung genutzten Quellcodeverwaltungssoftware Git veröffentlicht.
  • Nachdem die Entwickler des bei den Live-Medien vieler Distributionen genutzten Dateisystems Squashfs in den letzten Monaten und Jahren unabhängig vom offiziellen Kernel weiterentwickelt und dabei für die Aufnahme in Linux fit gemacht haben, streben sie jetzt aktiv die Aufnahme in den offiziellen Linux-Kernel an.

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich auch in den vorangegangen Ausgaben des Kernel-Logs auf heise open:

Ältere Kernel-Logs finden sich über das Archiv oder die Suchfunktion von heise open. (thl)