Kernel-Log: Was 2.6.28 bringt (4) – Verbesserungen bei der Grafik-Unterstützung

Die Kernel-Entwickler haben den Graphics Execution Manager (GEM) aufgenommen, der Funktionsumfang und Performance des Intel-Grafiktreibers verbessert; andere Änderungen sollen die Leistungsaufnahme bei Notebooks mit AMD- oder Intel-Grafikchips senken.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Über zwei vom Verwalter der Direct Rendering Infrastructure (DRI) eingereichte Patch-Sammlungen (1, 2) fanden zahlreiche Verbesserungen rund um die Unterstützung von Grafikhardware den Weg in den Hauptentwicklungszweig. Aus diesem soll Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres die Linux-Version 2.6.28 hervorgehen.

Die Entwickler nahmen den Graphics Execution Manager (GEM) auf, der Grafiktreibern einige Arbeiten bei der Speicherverwaltung abnimmt und den Zugriff auf die Recheneinheiten des Grafikchips koordiniert; das soll einige Beschränkungen des bisherigen Treiberdesigns beseitigen und auch die Performance verbessern. Intel-Entwickler hatten GEM erst vor einigen Monaten kurzfristig als Alternative zum ursprünglich für diese Aufgaben vorgesehenen Memory-Manager Translation Table Maps (TTM) von Tungsten Graphics gestartet – dessen Zukunftsaussichten, sich im Linux-Universum zu etablieren, sind damit deutlich gesunken. Bislang verwendet allerdings nur die kürzlich freigegeben Version 2.5.0 des X.org-Grafiktreibers "intel" GEM; einige Entwickler des X.org-Grafiktreibers "radeon" arbeiten aber auch an einer experimentellen Treibervariante, die auf einige Funktionen von GEM zurückgreift.

Ebenfalls den Sprung in den offiziellen Linux-Kernel geschafft haben es umfangreiche Verbesserungen für den Vblank-Mechanismus. Durch sie sollen im 3D-Modus arbeitenden AMD- und Intel-Grafikchips nur noch Interrupts auslösen, wenn ein Programm auf ein Vblank-Event wartet, um etwa störendes Flackern bei der Darstellung zu vermeiden. Durch die geringere Zahl an Interrupts kann der Systemprozessor länger in den tiefen Schlafmodi verweilen, sofern keine anderweitigen Berechnungen anstehen – das senkt die Leistungsaufnahme moderner CPUs und verlängert so die Akku-Laufzeit von Net- und Notebooks.

Nachdem Intel vor einigen Wochen die ACPI Integrated Graphics Device OpRegion Specification unter einer Creative-Commons-Attribution-Lizenz veröffentlicht hat stieß nun Unterstützung für eben diese Technik zum Kernel hinzu. Das ermöglicht bei neueren Notebooks mit Intel-Grafikchipsatz die Einstellung der Display-Helligkeit via ACPI, was die Entwickler erfolgreich auf einem Thinkpad T61 und einem HP 2510p getestet haben; auch das Abfangen und Weiterleiten von Events beim Betätigen der Funktionstasten zum Umschalten des Displays-Ausgangs soll der neue Code verbessern.

Einige weitere Hintergründe zu den neu aufgenommenen Kernel-Techniken sowie anderen Entwicklungen rund um den Intel-Grafiktreiber finden sich in einem Blog-Eintrag von Eric Anholt. Noch nicht in den Kernel geschafft hat es das Kernel Mode Setting (KMS) – es soll das Umschalten zwischen Text-Konsolen und X-Server deutlich beschleunigen und das heute dabei zu sehende Flackern unterbinden. Zudem erhält der Kernel damit mehr Kontrolle über den Grafikchip. Dadurch ist es dem Kernel prinzipiell möglich, im Falle eines schwerwiegenden Fehlers vom X-Server auf eine Textkonsole umzuschalten und dort Fehlerinformationen anzuzeigen – spöttisch haben einige Entwickler diese Funktion "Blue Penguin of Death" genannt.

Weitere kürzlich im Hauptentwicklungszweig von Linux vorgenommene Commits rund um die Unterstützung für Grafik-Hardware:

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich auch in den vorangegangen Ausgaben des Kernel-Logs auf heise open:

Ältere Kernel-Logs finden sich über das Archiv oder die Suchfunktion von heise open. (thl)