Kernfusion: Forscher machen einen großen Fortschritt mit brennendem Plasma

Am Livermore National Laboratory wurde ein brennendes Plasma aus Wasserstoffkernen erzeugt, die miteinander verschmelzen und sich dabei selbst aufheizen.

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Das Herzstück der NIF am LLNL.

(Bild: Jason Laurea / LLNL)

Lesezeit: 3 Min.

Am Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) in Kalifornien ist es Forschern und Forscherinnen das erste Mal gelungen, brennendes Plasma und dabei mehr Energie zu erzeugen, als sie eingebracht hatten. In insgesamt vier Experimenten hätten sie die Schwelle zum brennenden Plasma überschritten. Den nach ihrer Einschätzung "entscheidenden Schritt in Richtung selbstragender Fusionsenergie" machten sie bereits im November 2020 und Februar 2021, nun haben sie ihre Experimente im Fachmagazin Nature veröffentlicht.

Bei den Experimenten an der National Ignition Facility (NIF) des LLNL befand sich eine Mischung aus den Wasserstoffisotopen Deuterium und Tritium in winzigen Kapseln, die sich wiederum in Hohlräumen befanden. Auf diese waren 192 Hochleistungslaser fokussiert, die zusammen einen Lichtblitz von 20 Milliardstelsekunden insgesamt 1,9 Megajoule mit Spitzenleistungen von bis zu 500 Terawatt erzeugen können. Damit wurden Röntgenstrahlen in einem Strahlungshohlraum erzeugt.

Eine Außenschicht des Isotopengemischs dehnte sich plötzlich zu Plasma aus, dadurch implodierte der Brennstoff, was wiederum den für die Kernfusion erforderlichen Druck und die benötigten Temperaturen im Wasserstoff erzeugte. Das Deuterium-Tritium-Gemisch erreichte Temperaturen von bis zu 50 Millionen °C, Wasserstoffkerne verschmolzen zu Heliumkernen und gaben Energie ab. Dieser Trägheitsfusion genannte Ansatz funktioniert nach dem Prinzip der Wasserstoffbombe. In den wenigen Nanosekunden, in denen das Fusionsplasma wegen seiner eigenen Masseträgheit noch nicht auseinanderstiebt, kommt es zu den thermonuklearen Reaktionen.

"Seit Jahrzehnten wurde in Fusionsexperimenten viel externe Wärme erzeugt, um das Plasma zu erhitzen. Jetzt haben wir zum ersten Mal ein System, in dem die Fusion selbst den größten Teil der Wärme liefert", sagte LLNL-Physiker Alex Zylstra, einer der beiden Hauptautoren des Nature-Artikels. Insgesamt haben daran über 150 Forscher und Forscherinnen gerarbeitet.

Am 8. August 2021 hatten die LLNL-Forscher in 100 Picosekunden eine Energiemenge von 1,3 Megajoule erzeugt und damit bewiesen, dass sie für einen kurzen Moment Kernverschmelzungen in einer Kettenreaktion auslösen konnten. In der sehr kurzen Zeitspanne ergab sich eine Kraftwerksleistung von 13 Millionen Gigawatt. Der Energie-Output lag 25-mal so hoch wie beim bisher offiziellen Rekordlauf 2018 und noch 8-mal so hoch wie bei einem Versuch im Frühjahr 2021.

In einem Artikel im Magazin Science beschrieben die LLNL-Forscher voriges Jahr, der Energie-Output der Anlage habe etwa 70 Prozent der zuvor hineingesteckten Laserenergie betragen. Ein Großteil der freigesetzten Energie bestand aus Neutronenstrahlung, die für die Stromerzeugung nicht gut geeignet ist. Um dennoch eine erträgliche Stromquelle zu schaffen, müsste die Anlage etwa zehn Wasserstoffkapseln pro Sekunde zünden.

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Das Livermore National Laboratory arbeitet mit am internationalen Kernfusionsprojekt ITER in Cadarache in Südfrankreich. An dem Projekt sind die EU, Japan, die USA, Russland, Südkorea, Indien und China beteiligt. Anfang dieses Jahre meldete das chinesische Experimental Advanced Superconducting Tokamak (EAST) einen neuen Temperaturrekord. In dem experimentellen Kernfusionsreaktor habe 1056 Sekunden lang eine Plasmatemperatur von 70 Millionen °C gehalten werden können, hieß es.

(anw)