Ketamin-Variante als letztes Mittel gegen psychiatrische Erkrankung zugelassen

In den Vereinigten Staaten dürfen Ärzte einen Stoff verschreiben, der sonst als Rauschgift gilt – bei unheilbarer Depression.

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Ketamin als letztes Mittel gegen psychiatrische Erkrankungen zugelassen

(Bild: Shutterstock)

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Anfang diesen Monats hat die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) den chemischen Zwilling einer Partydroge als Therapeutikum zugelassen. Sie besteht aus einem Gemisch von zwei spiegelbildlichen Ketamin-Molekülen. Je nach Variante haben die Substanzen unterschiedliche Wirkungen im Körper. Im neuen Medikament gibt es nur eine der beiden Varianten in reiner Form, berichtet Technology Review in seiner April-Ausgabe ("Drogen gegen Depression"), die ab Donnerstag am Kiosk liegt sowie online verfügbar ist.

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Die Zulassung in den USA ist an hohe Auflagen geknüpft – eben weil der Stoff ein beliebtes Suchtmittel ist. Esketamin, so der offizielle Wirkstoffname, darf nur Patienten gegeben werden, denen zwei gängige Antidepressiva – im Verein mit einer Psychotherapie – nicht geholfen haben. Ärzte nennen das "therapieresistente Depression". Sie ist häufig. Rund 35 Prozent der Patienten kommen aus der Krankheit nicht mehr dauerhaft heraus. Für sie kommt nun Esketamin zusätzlich zu einem herkömmlichen Antidepressivum infrage.

Die Zulassung von Esketamin gilt als ein Wendepunkt, weil damit eine Ära für eine ganz neue Klasse von Antidepressiva – den psychotropen Substanzen – beginnen kann. Dazu gehören Psilocybin, der Wirkstoff der Magic Mushrooms, und Opiode. Fürsprecher hoffen, dass solche Stoffe das Gehirn über die bewusstseinserweiternde Wirkung für ein Umlernen und ein Neuaustarieren der Stoffwechselprozesse vorbereiten. Die Forschung damit, erwartet Thomas Messer, Psychiater und Chefarzt an der privaten Danuvius Klinik im bayerischen Pfaffenhofen, erfahre nun einen Schub.

Die schnelle Wirkung in ein bis zwei Tagen ist das Hauptargument für Ketamin. Gängige Antidepressiva benötigen einige Wochen, bis sie ansprechen. Aber ist Ketamin dann mehr als ein Notfallmedikament? "Was langfristige Wirkungen und Nebenwirkungen angeht, sind noch Fragen offen", sagt Messer.

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(bsc)