"Kiezleben" auf St. Pauli – Museum zeigt Sonderschau

Die Kamera und der Kiez zwei große Leidenschaften von Günter Zint. 50 Jahre lang hat der Fotograf das Leben rund um die Reeperbahn in Bildern festgehalten. Das Sankt Pauli Museum widmet ihm jetzt eine kleine Sonderschau.

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50 Jahre lang hat er das Leben auf St. Pauli dokumentiert: Kiezfotograf Günter Zint hielt die Nächte im "Star Club" ebenso in seinen Bildern fest wie Szenen im Sexclub "Salambo" oder Momente in der Herbertstraße. Unter dem Titel "Kiezleben. Und leben lassen" zeigt das Sankt Pauli Museum seit Freitag eine Sonderausstellung mit rund 150 Fotografien des 70-Jährigen. Seine Aufnahmen präsentierten die vielen Facetten des Stadtteils – eingefangen von der Linse eines Fotografen, der sich selbst auf gleicher Augenhöhe mit den Menschen auf dem Kiez sehe, betonten die Initiatoren bei der Eröffnung der Schau. Sie soll bis November in dem kleinen Museum in der Davidstraße zu sehen sein.

Jimi Hendrix

(Bild: Günter Zint, St. Pauli Museum)

"Kiezleben" steht in großen Lettern an einer Wand. "Und genauso geht es auch gleich los – mit dem prallen Leben im "Star Club" 1962, als Günter hier das Füßchen auf den Kiez gesetzt hat und eine enge Beziehung mit dem Stadtteil eingegangen ist", sagte Museumsmitarbeiterin Eva Decker. Er habe hier jahrzehntelang gearbeitet, gelebt und geliebt. "Und mich nur einmal geprügelt", kommentierte Zint, "eine gute Bilanz für 50 Jahre auf dem Kiez". Von der Ausstellung habe er selbst erst sehr spät erfahren. "Man kämpft ja sein Leben lang um Anerkennung, aber wenn sie dann kommt, kriegt man rote Ohren."

Cabaret Klein Paris

(Bild: Günter Zint, St. Pauli Museum)

Zint, der nach eigenen Angaben rund zwei Millionen eigene Fotos und noch viel mehr andere in seinem Archiv hat, wohnt inzwischen zwar außerhalb der Hansestadt. Auf St. Pauli sei er immer wieder sehr gern, erklärte er, der auch Gründer und Ehrenvorsitzender des Museums ist. "Hier leben vorwiegend Lebenskünstler", meinte der Fotograf, der 1968 die "St. Pauli-Nachrichten" als linke Boulevardzeitung ins Leben gerufen hatte. Natürlich habe das Viertel rund um die Reeperbahn auch seine Schattenseiten. "Doch der Zoo des lieben Gotts ist groß, darin gibt es viele bunte Tierchen. Und hier, in diesem Areal, vertragen die sich sehr gut."

Betrunken auf dem Kiez

(Bild: Günter Zint, St. Pauli Museum)

Zints große Liebe gilt der Schwarzweiß-Fotografie. Seine Bilder zeigen Frauen wie die Ex-Hure Domenica ebenso wie unbekannte Prostituierte aus "Dieters Puff" in der Erichstraße, Gestrandete und Betrunkene in der Davidstraße, Menschen auf dem Fischmarkt und in der Hafenstraße. Die Besucher, von denen das Museum im Schnitt 1500 pro Monat hat, sehen Bilder von spielenden Kindern auf St. Pauli und Porträts von Menschen am und hinterm Tresen von Kneipen, die es längst nicht mehr gibt.

Dass Zint nicht nur als Kiezfotograf unterwegs war, zeigen unter anderem einige Bilder von Anti-Atomkraft-Aktionen. Doch gerade weil St. Pauli einem steten Wandel unterworfen sei, sei seine Arbeit dort besonders wertvoll, betonten die Initiatoren der Ausstellung. "Sie hält Vergangenheit und Gegenwart in Bildern fest", erklärte Geschäftsführerin Ina Huber. "Mehr Kiez geht halt nicht."

(keh)