Klage gegen Parship-Vertragsbedingungen: Klagewillige können sich nun anmelden

Das OLG Hamburg hat nun die Musterfeststellungsklage des vzbv zugelassen. Für Parship ist die Klage "nicht nachvollziehbar".

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Die zwei sehen aus wie zwei glückliche Parship-Kunden. Anscheinend brauchen sie aber kein Parship mehr.

(Bild: Parship)

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Das Oberlandesgericht Hamburg hat die Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen den Online-Partnervermittler Parship zugelassen. Mit der Klage wollen die Verbraucherschützer der Kundschaft aus langen und teuren Verträgen heraushelfen. Betroffene können sich nun kostenlos in das Klageregister beim Bundesamt für Justiz eintragen. Parship hat gegenüber heise online Stellung genommen.

Um alle Parship-Funktionen nutzen zu können, müssen Verbraucherinnen und Verbraucher einen kostenpflichtigen Vertrag mit einer Laufzeit von mindestens sechs Monaten abschließen. Dieser verlängert sich laut AGB um weitere zwölf Monate, wenn nicht spätestens zwölf Wochen vor Ablauf der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit gekündigt wird. Das hatte der vzbv im Februar vorigen Jahres als nicht rechtens befunden und unzufriedener Kundschaft empfohlen, fristlos zu kündigen. Ende November reichte der vzbv die Musterklage ein.

Im April 2021 hatte Parship versprochen, seine Kundinnen und Kunden künftig klarer über die Nutzungsgebühren und die automatische Vertragsverlängerung zu informieren. Dazu hatte sich das Unternehmen nach Gesprächen mit der EU-Kommission und EU-Verbraucherschutzbehörden verpflichtet. Das reicht dem vzbv offenbar nicht, er will vom Gericht feststellen lassen, dass Parship-Nutzer nach Paragraph 627 BGB zur fristlosen Kündigung des kostenpflichtigen Vertrages berechtigt sind. Außerdem sollen nur die bis zur Kündigung anfallenden Mitgliedschaftskosten zeitanteilig anfallen.

Falls der vzbv mit der Klage erfolgreich sein würde, könnten Nutzer Nutzerinnen also teilweise auf hunderte Euro Erstattung von Mitgliedsbeiträgen hoffen, erläutert der vzbv. Das gilt aber nur für Betroffene mit einer kostenpflichtigen Parship-Mitgliedschaft, die sich in das Klageregister eintragen.

Parship sieht der Klage gelassen entgegen, geht aus einer Mitteilung des Unternehmens auf Anfrage von heise online hervor. Der Bundesgerichtshof habe kürzlich eindeutig entschieden, dass Paragraph 656 Abs. 1 BGB, nicht auf einen Online-Partnervermittlungsvertrag anwendbar ist. Der Paragraph sei eine Einzelnorm für klassische Heiratsvermittler, nach der ein Heiratsvermittlungsvertrag keinen Vergütungsanspruch des Vermittlers begründet.

"Unabhängig davon läuft die Argumentation der vzbv nach Ansicht von Parship ins Leere. Das digitale Angebot von Dating-Plattformen ist nicht vergleichbar mit der Dienstleistung klassischer 'offline' Heiratsvermittler, für die die Paragraphen 627 und 656 vor mehr als 120 Jahren Eingang in das BGB gefunden haben", teilte eine Parship-Sprecherin mit.

Sowohl die Erstlaufzeit des Parship-Vertrags als auch die automatische Verlängerung entsprächen den geltenden gesetzlichen Regelungen, meint Parship. Solche Verträge seien gängige Praxis, auch Anbieter aus zahlreichen anderen Branchen wendeten solcherlei an. Deshalb sei es für Parship nicht nachvollziehbar, warum die Verbraucherzentrale fordert, dass sich Kunden und Kundinnen jederzeit aus dem Vertragsverhältnis lösen können müssten.

Wer seinen laufenden Vertrag bislang nicht fristlos gekündigt hat, könne dies nun noch tun und sich an der Klage beteiligen, erläutert der vzbv. Wer sich in das Klageregister für Musterfeststellungsklagen einträgt, muss nicht Mitglied eines klagenden Verbands sein, erläutert das Bundesamt für Justiz. Die Anmeldung zum Klageregister hat laut vzbv den Vorteil, dass Ansprüche während des Verfahrens nicht verjähren. Bis zur mündlichen Verhandlung kann die Anmeldung wieder zurückgenommen werden. Wer eingetragen bleibt und somit an der Klage teilnimmt, ist unabhängig vom Ausgang des Verfahrens an das Urteil gebunden.

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Ob der eigene Fall zur Klage passt, lässt sich mit dem Klage-Check des vzbv prüfen. Verbraucher:innen müssen nicht zur mündlichen Verhandlung erscheinen und haben keine Kosten zu tragen. Ab März dieses Jahres soll Kundschaft von Partnerbörsen oder auch Fitnessstudios laut dem "Gesetz für faire Verbraucherverträge" monatlich kündigen können, wenn die Mindestlaufzeit des Vertrages abgelaufen ist.

Update 04.03.2022, 16:24 Uhr:
Wie der vzbv heise online gegenüber mitteilte, hat es beim Bundesamt für Justiz vom 25. Januar bis 11. Februar eine technische Störung gegeben. Dadurch seien 12 Musterfeststellungsklagen nicht über die Online-Formulare übermittelt worden. Wer sich in diesem Zeitraum versucht hat anzumelden und im Nachgang keine postalische Bestätigung über den Vorgang erhalten habe, sollte sich erneut anmelden.

(anw)