Klimaerwärmung: KI soll Flugzeugen bei der Vermeidung von Kondensstreifen helfen

Ein Algorithmus hat auf Basis von Satellitenbildern Kondensstreifen vermessen. Nun soll er in Echtzeit vorhersagen, wo sie entstehen, um sie zu vermeiden.

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Satellitenaufnahme von Kondensstreifen über dem Golf von Kalifornien.

(Bild: David Duda/NASA LaRC)

Lesezeit: 3 Min.

US-amerikanische Forscher haben einen Algorithmus entwickelt, der in Echtzeit vorhersagen soll, wo Flugzeuge Kondensstreifen produzieren würden, um die gegebenenfalls umleiten zu können. Damit könnte der Beitrag der zivilen Luftfahrt zum Klimawandel verringert werden, meint Steven Barrett vom Massachusetts Institute of Technology. Kondensstreifen machen einen großen – wenn auch schwer zu beziffernden – Teil des Beitrags der Luftfahrt zur von Menschen gemachten Klimaerwärmung aus. Ihre Vermeidung könnte die Auswirkungen der Luftfahrt aufs Klima halbieren, meint Barrett. Wie weit sein Team bei der Umsetzung ist, sagt er aber nicht, bislang hat der Algorithmus unter Beweis gestellt, dass er nachträglich für einen ganzen Kontinent ermitteln kann, wo sich wie viele Kondensstreifen gebildet haben.

Ihren Algorithmus haben die Forscher trainiert, indem sie ihn auf über 100.000 Satellitenbilder der Vereinigten Staaten angesetzt und nach Kondensstreifen haben suchen lassen. Analysiert wurden Aufnahmen, die alle 15 Minuten gemacht wurden. Ermittelt hat die KI demnach, dass in den Jahren 2018 und 2019 – also vor Beginn der Coronapandemie – jeden Tag im Schnitt etwa 0,17 Prozent der US-Landfläche von Kondensstreifen verdeckt wurden. Das sind etwa 43.000 Quadratkilometer – ungefähr so groß wie Niedersachsen. 2020 sei diese Fläche um 20 Prozent kleiner geworden, um diesen Anteil sei auch die Zahl der Flüge insgesamt gesunken. Dieses Ergebnis sei nicht überraschend, gestehen sie ein, es zeige aber, dass ihr Ansatz funktioniere. Jetzt arbeiten die Forscher mit Airlines an Vorhersagen der Kondensstreifen, um deren Bildung zu minimieren.

Wie das Team nun beschreibt, hat ihr Algorithmus durch die automatische Analyse der Satellitenbilder für jeden Tag Karten mit den Kondensstreifen erstellt. Zu erkennen gewesen seien darauf die Hauptflugrouten der Airlines, mit "bemerkenswerten" Ausnahmen. So habe es rund um wichtige Flughäfen große Löcher gegeben, weil startende und landende Flugzeuge nicht hoch genug unterwegs sind, um Kondensstreifen zu produzieren. Die meisten Kondensstreifen bilden sich ihren Daten zufolge auch im späten Winter und frühen Frühling. Außerdem hätten sie herausgefunden, dass Kondensstreifen besonders häufig in den Abend- und Morgenstunden aufzutreten scheinen, hier könnten aber Verwechslungen mit natürlichen Wolken die Daten verfälschen.

Kondensstreifen gelten als zu erheblichem Teil mitverantwortlich für den Beitrag der Luftfahrt zur Klimaerwärmung. Sie bestehen aus Wassermolekülen, die sich an ausgestoßene Rußteilchen anlagern, in den großen Höhen zu Eiskristallen gefrieren und zu Zirruswolken werden. Lokal können sie zwar sowohl für Erwärmung als auch Abkühlung sorgen, in der Gesamtheit überwiegt aber die wärmende Wirkung. Anders als die von den CO₂-Emissionen versuchte Klimaerwärmung ist der Effekt der Kondensstreifen nur kurzfristig. Ihre Vermeidung könnte also direkt positive Folgen fürs Klima haben. Erforscht wird deshalb unter anderem, ob bestimmte Treibstoffe weniger Kondenstreifen produzieren. Barrett und sein Team arbeiten daran, in Echtzeit vorhersagen zu können, wo sich Kondensstreifen besonders gut bilden. Flugzeuge könnten diese Gebiete dann meiden, meinen sie. Ihre bisherige Arbeit stellen sie im Fachmagazin Environmental Research Letters vor.

(mho)