Klimakrise: Erste Lichtblicke, aber kein Grund zum Ausruhen

Der Stillstand während der Corona-Pandemie hat sich positiv auf den CO2-Ausstoß ausgewirkt. Aber das Klima hat auch 2020 gelitten.

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(Bild: guentermanaus/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christiane Oelrich
  • dpa
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Was das Klima angeht, gibt es im Corona-Krisenjahr einerseits Lichtblicke: Die EU dürfte ihre für 2020 gesetzten Ziele bei den Treibhausgasemissionen und den erneuerbaren Energien erreichen. Das Ziel einer klimaneutralen Welt bis 2050 ist nach Meinung der Weltwetterorganisation (WMO) jetzt realistisch. Der weltweite Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) ist – corona-bedingt – rekordmäßig zurückgegangen. Doch gleichzeitig droht 2020 eines der wärmsten je gemessenen Jahre zu werden, die Hurrikan-Saison im Nordatlantik war beängstigend und das Poleis schmilzt weiter. Das 2020-Klima in Schlaglichtern:

Die Europäische Union dürfte ihre selbst gesteckten Ziele bei der Reduzierung der Treibhausgasemissionen und bei der Förderung der erneuerbaren Energien schaffen. Davon geht die Europäische Umweltagentur EEA nach den Zahlen von 2019 – wohlgemerkt vor dem Wirtschaftseinbruch durch die Corona-Krise – aus. Bis Ende vergangenen Jahres waren die Treibhausgasemissionen schon um 24 Prozent gegenüber 1990 gesunken, Ziel bis 2020 war ein Rückgang von 20 Prozent. Energie aus erneuerbaren Quellen machte nach vorläufigen Zahlen 2019 bereits 19,4 Prozent aus – Ziel für 2020 sind 20 Prozent.

"Die Europäische Union beweist, dass es möglich ist, die Emissionen bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum zu senken", meinte EU-Umweltkommissar Frans Timmermans.

Mehr Länder verpflichten sich zur Klimaneutralität und damit rückt ein Meilenstein in Reichweite. Klimaneutralität – dabei werden nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen, als die Natur oder auch technische Lösungen wieder binden können – ist nach Angaben des Weltklimarats bis 2050 nötig, um die Erwärmung bis Ende des Jahrhunderts auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Die Länder, die heute für 50 Prozent der Emissionen verantwortlich seien, seien schon dabei, auch China, sagte WMO-Chef Petteri Taalas. Er hofft, auch Russland, Indien und die USA unter Präsident Joe Biden an Bord zu bekommen. "Dann biegen wir die Kurve des Emissionswachstums in den nächsten fünf Jahren, und dann sehen wir einen Rückgang der Emissionen in einer Größenordnung von sechs Prozent und können das Ziel 2050 erreichen", sagte er in Genf.

Der weltweite Ausstoß von Kohlendioxid aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas dürfte 2020 im Vergleich zu 2019 um sieben Prozent oder 2,4 Milliarden Tonnen auf 34 Milliarden Tonnen CO2 zurückgehen. Das gehe auf die Wirtschaftseinbrüche, und da vor allem den Rückgang des Verkehrs während der Lockdown-Maßnahmen in der Corona-Pandemie zurück, berichtete das Global Carbon Project.

Aber die Wissenschaftler rechnen mit einem deutlichen Anstieg 2021. Bei der globalen Finanzkrise gingen die Emissionen 2009 um 0,5 Milliarden Tonnen zurück, stiegen aber im Folgejahr um fünf Prozent. Trotz des geringeren Ausstoßes von CO2 stieg die Konzentration des langlebigen Treibhausgases in der Atmosphäre 2020 weiter an: Im Jahresmittel wird sie voraussichtlich den Rekordwert von 412 ppm (parts per million) erreichen.

2020 dürfte nach WMO-Analysen eines der drei wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen Mitte des 19. Jahrhunderts werden. Von Januar bis Oktober lag die globale Durchschnittstemperatur um bis zu 1,23 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900. Rekordjahr ist bisher 2016, mit einem Plus von 1,2 Grad im Jahresdurchschnitt. Der Copernicus-Klimawandeldienst hat noch nie seit Beginn seiner Aufzeichnungen 1979 weltweit einen so warmen November gemessen wie in diesem Jahr. Dessen Wissenschaftler waren zudem "nahezu sicher, dass 2020 das wärmste Kalenderjahr Europas werden wird".

Nord- und Mittelamerika erlebten die aktivste Atlantik-Hurrikan-Saison seit Beginn der Aufzeichnungen vor mehr als 120 Jahren, wie die US-Klimabehörde NOAA berichtete. 30 Stürme entwickelten sich, die Wetterdienste erreichten vorzeitig das Ende ihrer vorgefertigten Namensliste und mussten auf die Buchstaben des griechischen Alphabets zurückgreifen. Zwölf Stürme trafen bis Ende November in den USA auf Land, auch zahlreiche mittelamerikanische Staaten waren betroffen.

In zahlreichen Bundesstaaten im Westen der USA – unter anderem Kalifornien, Washington, Oregon und Colorado – gab es verheerende Waldbrände. So verbrannten im September und Oktober dort größere Flächen als je zuvor in diesen Monaten seit Beginn der entsprechenden NOAA-Aufzeichnungen im Jahr 2000.

Teile Afrikas und Asiens erlebten starken Regen und Überschwemmungen, darunter die Sahel-Region, das Horn von Afrika, der Indische Subkontinent sowie China, die koreanische Halbinsel, Japan und Teile Südostasiens. Schwere Dürren gab es dagegen etwa in Nordargentinien, Paraguay und Westbrasilien. In der Arktis war die Ausdehnung des Meereises in den Monaten Juli und Oktober so gering wie nie zuvor seit Beginn der Messungen.

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Die Pandemie dürfe keine Ausrede sein, um bei den Klimaanstrengungen nachzulassen, sagte WMO-Chef Taalas. Er beschwor Länder, beim Neustart nach der Krise ganz besonders auf klimaschonende Energie zu achten. Die Folgen der Covid-19-Krise seien zwar schlimm, aber zeitlich begrenzt. "Wenn wir aber nicht die Treibhausgase reduzieren und den Klimawandel in Angriff nehmen, hat das auf Jahrhunderte hinaus Folgen für die Wirtschaft, die Lebensbedingungen und die Ökosysteme auf dem Land und im Meer."

(olb)