Komoot-Paragraf und die Novellierung des Bundeswaldgesetzes

Eine Wanderung machen und den GPX-Track mit Freunden teilen? Das wird schwierig, wenn ein Referentenentwurf des Bundeswaldgesetzes so verabschiedet wird.

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Ein Waldweg, der an einem Felsen vorbeiführt

Wer seine Wanderung im Wald aufzeichnet, soll nach einem Referentenentwurf des Bundeswaldgesetzes dafür eine Genehmigung einholen müssen.

(Bild: Michael Link / c't)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Thomas Froitzheim

Am 14. November 2023 präsentierte das Onlineportal "Forst-Praxis" einen "Referentenentwurf" zur Novellierung des Bundeswaldgesetzes, der bei Natursportverbänden massive Nachfragen und in User-Foren von Wanderern und Kartierern des OpenStreetMap-Projektes gleichermaßen heftige Diskussionen auslöste. Denn in dem wohl ungeplant an die Öffentlichkeit gelangten Dokument finden sich zahlreiche Passagen, die allerhand Aktivitäten im Wald unter Vorbehalt stellen und vielfach sogar praktisch unmöglich machen würden. Darunter etwa das Veröffentlichen von digitalen Tourenvorschlägen, eigenen Track-Aufzeichnungen in Waldgebieten bis hin zu Geocaches oder georeferenzierten Fotos, die unter bestimmten Bedingungen jeweils ohne Genehmigung nicht mehr möglich wären.

In der "Forst-Praxis" wurde dies plakativ als "komoot-Paragraf" bezeichnet. Heiko Mittelstädt von der Deutschen Initiative Mountainbike e. V. (DIMB) verdeutlicht die Empörung der Waldnutzer: "Der § 33 enthält Regelungen, die jeden Erholungsnutzer, ob zu Fuß, mit dem Rad oder zu Pferd, betreffen. Wer mit seinem Smartphone seine Route trackt, oder einfach nur ein Foto in den sozialen Medien teilt, der kann bei falscher Voreinstellung schnell mit einem Verbotstatbestand konfrontiert werden."

Der Referentenentwurf des Bundeswaldgesetzes enthält in Paragraf 33 einen Genehmigungsvorbehalt, der das Aufzeichnen und Teilen von Touren erheblich erschwert.

(Bild: Referentenentwurf Bundeswaldgesetz (Screenshot heise online))

Der Entwurf könnte auch das bloße Erfassen der Wege und Wegmerkmale infrage stellen, was die Arbeit der OpenStreetMap-Community unmittelbar gefährden könnte. Weiße Flecken gibt es nur in sehr wenigen Staaten, würden dann aber in Deutschland auftreten, wenn ein Waldbesitzer zum Erfassen der Wegedaten etwa keine Erlaubnis erteilt. Sie einzuholen, ist auch praktisch schwierig, denn Kontaktadressen der Besitzer sind an Ort und Stelle kaum aufzutreiben.

Als Ursache für die Initiative könnte man sich die Sorge der Waldbesitzer vorstellen, die seit einigen Jahren eine vermehrte Freizeitnutzung etwa durch Wanderer, Radfahrer und Mountainbiker sehen. Diese wurden vermehrt abseits markierter Wege im Wald angetroffen und haben sich oftmals darauf berufen, ihre App habe sie dort lang geschickt. Dabei werden oft natursensible Stellen betreten, und diese werden teils sogar als besondere Attraktion in Apps markiert.

Der angeblich "echte Referentenentwurf" ist offenbar ein Leak. Dr. Eckhard Heuer, Referatsleiter im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), antwortete auf unsere Nachfrage: "Die im Internet kursierende Fassung der Novelle ist vom BMEL nicht autorisiert" und sagte es noch konkreter: "Bitte gehen Sie nicht davon aus, dass diese Fassung auch jene ist, die in die Länder- und Verbändeanhörung geht".

Dennoch – der Wirbel ist da und die Verunsicherung groß, was nun wirklich im kommenden Waldgesetz stehen wird. Natursportvertreter wie der Deutsche Wanderverband, der Deutsche Tourismusverband und die DIMB wollen erst einmal auf belastbare Ausführungen warten. Erik Neumeyer, Deutscher Wanderverband: "Für uns ist es am Ende relevant, wie plausibel und praxistauglich die vorgesehenen Regelungen sein werden – das betrifft dann auch einen möglichen Passus zu digitalen Tracks."

Dr. Eckhard Heuer sagt: "Wir werden mit den Plattformanbietern begleitend zur Länder- und Verbändeanhörung Gespräche führen." Ein erster Dialog hat bereits stattgefunden, denn am 1. September 2023 tauschten sich Dr. Eckhard Heuer und Komoot-Chef Markus Hallermann mit Vertretern von Forst- und Wanderverbänden auf einer Podiumsdiskussion des Deutschen Wanderverbandes aus. Als effektives und häufig entscheidendes Instrument zur Besucherlenkung stellte sich schon damals ein anderes digitales Element heraus: OpenStreetMap. Denn darauf fußen beinahe alle Apps. Stimmen die Karten dort, können auch die Apps etwaige darin markierte Betretungsverbote beachten. Es wäre also vernünftig, die OpenStreetMap-Gemeinschaft zu stärken, die ja ohnehin vielfach ehrenamtlich tätig ist.

Kein Leak, sondern Dialog, hier auf dem „Fachforum Wandern“ des Deutschen Wanderverbandes im September in Düsseldorf (von rechts nach links: Markus Hallermann, komoot; Dr. Eckhard Heuer, BMEL; Erik Neumeyer, Deutscher Wanderverband; Dr. Petra Holz, Eifelverein; Malte Campsheide, Deutscher Forstverein; Ute Dicks, Deutscher Wanderverband)

(Bild: Deutscher Wanderverband)

Wie sieht der konkrete Fahrplan zur Novellierung des Bundeswaldgesetzes aus? Laut Dr. Eckhard Heuer befindet sich der Entwurf noch immer in der regierungsinternen Abstimmung. Anschließend werden die Länder und Verbände beteiligt. Das neue BWaldG soll voraussichtlich zum 1. Quartal 2025 in Kraft treten.

(mil)