Konferenz CHI: Mensch-Computer-Interaktion – mit Tangibles Displays durchbrechen

Seite 2: Kapazitive Tangibles

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Eine weitere Herausforderung ist das Erkennen und Identifizieren von Tangibles. Das Konzept Itsy-Bits von Forschenden der TU Darmstadt stellt 3D-gedruckte Tangibles vor, die durch handelsübliche Touchscreens ohne zusätzliche Elektronik erkannt werden können. Die Erkennung entsteht dadurch, dass ein kapazitives Material in das Objekt eingedruckt wird. Die Verwendung des Materials selbst stellt noch keine Neuerung dar, weil es bereits seit Jahren auf dem Markt verfügbar ist. Die TU-Forscher haben jedoch mittels Deep Learning Möglichkeiten gefunden, verschiedene Formen und Objektorientierungen wie Sterne auf dem Touchscreen zu erkennen.

Der Vorteil gegenüber bereits vorhandenen digitalen Stiftlösungen ist, dass die kapazitiven Tangibles gänzlich ohne Strom und interne Elektronik auskommen. Dies ist auch im oben erwähnten Konzept WallTokens umgesetzt. Die Nutzung des 3D-Druckes wird es in der Zukunft Anwendern ermöglichen, eigene Tangibles in individuellen Designs zu erstellen und selbstständig zu Hause zu drucken. Forscher der TU Darmstadt stellen ebenfalls eine Möglichkeit vor, 3D-gedruckte Benutzeroberflächen mit herkömmlicher Elektronik zu verbinden. Dieses Prinzip nutzt ferromagnetische Strukturen zur Signalkommunikation und unterstützt eine schnelle Erstellung von Prototypen.

Die aktuell in Smartphones verbauten Touchscreens haben jedoch eine sehr geringe Touchauflösung mit Touchpixeln von durchschnittlich 4×4 mm2 Größe. Dies kommt dadurch zustande, dass primär Finger für den Touch genutzt werden und diese Größe dafür ausreichend ist. Forschende der US-amerikanischen Carnegie Mellon University haben einen Ansatz vorgestellt, wie diese begrenzte Auflösung software-seitig vergrößert werden kann. Diese Technik würde es ermöglichen, die zuvor vorgestellten Tangibles noch besser zu erkennen, ohne dass eine Veränderung der Touchscreens-Hardware notwendig wird.

Die Verwendung des oben erwähnten kapazitiven Materials ist sehr vielseitig. Es wurde zum Beispiel dazu verwendet, das Griffbrett einer Gitarre zu erweitern. Durch die verbaute kapazitive Sensorik ist es möglich, das allseits bekannte Spiel "Guitar Hero" auf einer echten Gitarre zu spielen, ohne dass eine Audioanalyse notwendig wird. Zusätzlich kann die Sensorik für das Erlernen der Gitarre und für entferntes Musizieren verwendet werden.

Die bisher vorgestellten Arbeiten befassen sich fast ausschließlich mit der Erkennung und Befestigung von Tangibles. Möchten die Nutzer Feedback bekommen, müssen sie auf andere Hardware zurückgreifen. Diese beschriebene Lücke wird ebenfalls durch einige Forschungsarbeiten untersucht. Japanische Forscher beschreiben Möglichkeiten der Feedbackumsetzung durch die Einbettung von Magneten in Tangibles. Die Magnete ermöglichen es beispielsweise, Schaltern einen dynamischen Widerstand zu geben, der abhängig von der Schalterposition ist.

Die aktuelle Pandemie betrifft selbstverständlich auch die aktuelle Forschung. Die Konferenz fiel im letzten Jahr komplett aus und wurde dieses Jahr zum ersten Mal virtuell durchgeführt. Der ursprünglich geplante Ort war Yokohama in Japan.

Teilnehmende aus 79 Ländern waren live zur Konferenz zugeschaltet. Die Vorträge wurden durch die Autoren im Vorfeld aufgezeichnet und sind online auf YouTube verfügbar. Die Liveschalten in 79 Ländern erforderten einiges an Organisation und Flexibilität, so wurde jede Session zwei Mal gestreamt, um verschiedene Zeitzonen zu berücksichtigen. Zusätzlich zu jedem Vortrag gab es Fragerunden, in denen die Autoren live Fragen aus dem Publikum beantworteten. Demonstrationen neuer Technologien wurden in eigenen interaktiven Streams über Zoom angeboten. So konnten Demonstratoren live auf Fragen und Bedürfnisse ihres Publikums reagieren. Alles in allem eine gelungene Organisation, auch wenn die angebotenen Streams nicht immer gänzlich ruckelfrei liefen.

(bme)