Kontrollgremium: Geheimdienste nutzen Antiterror-Befugnisse "maßvoll"

Laut einer Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums waren 2007 von 43 Überwachungsmaßnahmen auf Basis des Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetzes 377 Personen betroffen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 59 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die deutschen Geheimdienste haben die ihnen im Anti-Terrorpaket von 2002 und dem fünf Jahre später dazugekommenen Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) eingeräumten Kompetenzen im vergangenen Jahr nach Ansicht des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) insgesamt "maßvoll" genutzt. Freiheitsrechte seien nur derart eingeschränkt worden, heißt es in einer jetzt veröffentlichten Unterrichtung (PDF-Datei) der Überwacher der Überwacher, "wie es zur Wahrung der Sicherheit unbedingt für notwendig erachtet wurde".

Die erweiterten Kompetenzen für Auskunftsverlangen bei privaten Firmen und zum Einsatz des IMSI-Catchers zur Handy-Ortung haben sich "nach überwiegender Auffassung" des PKG bewährt. Ungeachtet dessen bleibe es zentrale Aufgabe aller Beteiligten, die Privatsphäre der Bürger zu wahren. Für erforderlich erachten es die Kontrolleure ferner, das TBEG nach fünf Jahren einer Evaluierung durch einen externen Sachverständigen zu unterziehen.

2007 haben die Nachrichtendienste in 43 Fällen bei Telekommunikations- und Teledienstunternehmen sowie bei Banken und Finanzdienstleistern Auskunft etwa über Verbindungsdaten oder Kontoinhaber verlangt. Im Einzelnen habe das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bei Providern in 34 Fällen Informationen abgefragt, der Bundesnachrichtendienst (BND) sowie der Militärische Abschirmdienst (MAD) jeweils zwei Mal. An Banken und Finanzdienstleister habe der Verfassungsschutz fünf Auskunftsersuchen gestellt, während BND sowie MAD von dieser Befugnis keinen Gebrauch gemacht hätten. Von Luftfahrtunternehmen und Postdienstleistern wollten die Dienste den Angaben zufolge keine entsprechenden Daten.

Der IMSI-Catcher zur Ermittlung des Standortes eines Mobiltelefons oder von Geräte- und Kartennummern ist laut der Unterrichtung vom BfV achtmal, vom MAD einmal und vom BND gar nicht verwendet worden. Betroffen seien von diesen neun Überwachungsmaßnahmen zehn Personen gewesen. Auf Ebene der Bundesländer habe es insgesamt 15 Auskunftsverlangen gegeben. Davon sollen sich 13 Maßnahmen mit 29 Betroffenen auf Auskünfte bei Telekommunikationsunternehmen, zwei Fälle mit zwei Betroffenen auf Banken und Finanzdienstleistungsinstituten bezogen haben. Der "eindeutige Schwerpunkt der Auskunftsersuchen und IMSI-Catcher-Einsätze" des Verfassungsschutzes habe wie in den vorangegangenen Jahren im Bereich ausländischer extremistischer beziehungsweise terroristischer Vereinigungen gelegen.

Insgesamt gerieten 2007 laut Bericht 377 Personen ins Visier der Anti-Terrorfahnder. Diese "außergewöhnlich hohe Zahl" relativiere sich aber durch die Tatsache, dass bei einer einzelnen Maßnahme im Internetbereich IP-Adressen von 275 unbekannten Nutzern festgestellt worden seien. "Sie wurden vorsorglich sämtlich als 'Betroffene' erfasst, obwohl Mehrfachnutzungen dieser Adressen durch jeweils dieselben Personen nicht auszuschließen sind", heißt es in dem Report. Berücksichtige man dies, dürfte die Zahl der Betroffenen im Verhältnis zur Zahl der Maßnahmen verglichen mit dem Vorjahreszeitraum zumindest gleich geblieben sein. (Stefan Krempl) / (vbr)