Korruption bei Telekom Austria: Weitere Schuldsprüche

Führende östereichische Politiker des vom Rechtspopulisten Jörg Haider gegründeten BZÖ wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, weil sie fast eine Million Euro Schmiergeld von der Telekom Austria bekommen haben.

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Die jahrelange Korruption bei der teilstaatlichen Telekom Austria (TA) hat erneut Urteile mit Haftstrafen gezeitigt. In den frühen Samstagstunden wurden in Wien die erstinstanzlichen Urteile im Telekom-IV-Prozess gefällt. Wie österreichische Medien berichten, gab es vier nicht rechtskräftige Schuldsprüche mit Haftstrafen, einen Freispruch und eine Verfahrensausscheidung. Außerdem soll die vom verstorbenen Rechtspopulisten Jörg Haider gegründete Partei BZÖ (Bündnis Zukunft Österreich) rund 960.000 Euro zurückzahlen. Auch das ist nicht rechtskräftig.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Telekom Austria 2006 dem BZÖ, verdeckt über zwei Werbeagenturen, 960.000 Euro zugesteckt hat. Der Lobbyist Peter Hochegger wurde daher wegen falscher Zeugenaussage im einschlägigen parlamentarischen Untersuchungsausschuss sowie wegen Beitrags zur Untreue zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt.

Bei drei weiteren Herren führten die gleichen Straftatbestände zu milderen Urteilen: Der ehemalige Nationalratsabgeordnete Klaus Wittauer (BZÖ) bekam zwei Jahre, davon 21 Monate auf Bewährung, der Werbeunternehmer Kurt S., zweieinhalb Jahre, davon 25 Monate auf Bewährung, und Christoph Pöchinger zwei Jahre (davon 16 Monate auf Bewährung). Pöchinger war 2006 Pressesprecher der damaligen Justizministerin Karin Gastinger (BZÖ). Die geständige Werberin Tina H. war in einem eigenen Verfahren (Telekom V) bereits zu 20 Monaten auf Bewährung verurteilt worden.

Das Verfahren gegen den ehemaligen FPÖ- und BZÖ-Bundesgeschäftsführer Arno Eccher wurde ausgeschieden und wird separat weitergeführt, weil noch ein Belastungszeuge einvernommen werden muss. Im Telekom-III-Prozess (verdeckte Zahlungen an die FPÖ) hat Eccher bereits eine nicht rechtskräftige Bewährungsstrafe wegen falscher Zeugenaussage im parlamentarischen Untersuchungsausschuss ausgefasst.

Im Zweifel für den Angeklagten entschied das Gericht beim ehemaligem Festnetzchef der TA, Rudolf Fischer, der die Zahlungsanweisung gegengezeichnet hat. Es konnte ihm aber nicht nachgewiesen werden, dass er wusste, dass der Zahlung keine korrekte Leistung gegenüberstand. Trotzdem droht Fischer ein Gefängnisaufenthalt, denn in den Verfahren Telekom I (Manipulation des Aktienkurses) und Telekom III wurde er jeweils verurteilt (nicht rechtskräftig).

Der damalige BZÖ-Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Hubert Gorbach erließ die mit Schmiergeldern erkaufte Telekom-Verordnung. Sie ist bis heute in Kraft.

(Bild: Moschitz)

Im aktuellen Verfahren nimmt das Gericht an, dass die Telekom Austria mit den 960.000 Euro dafür zahlte, dass die Universaldienstverordnung zum Schaden alternativer Telecom-Anbieter und damit zum Nutzen der Telekom Austria geändert wurde. Die TA soll auch wesentliche Teile der Verordnung selbst verfasst haben. Die vom damaligen Verkehrsminister Hubert Gorbach (BZÖ) kurz vor dem Ende seiner Amtszeit erlassene Verordnung ist bis heute in Kraft.

Jene Herren, die die Zahlungen tatsächlich in die Wege geleitet haben, gehen nicht ins Gefängnis: Der ehemalige TA-Manager Gernot Schieszler profitiert von einer Kronzeugenregelung, während der ehemalige TA-Prokurist Wolfgang F. aus gesundheitlichen Gründen nicht verhandlungsfähig ist.

Die damals an der Verordnung beteiligten Personen, allen voran Gorbach selbst, weisen einen Zusammenhang zwischen Verordnung und Geldflüssen zurück. Eine Erklärung, wofür das Geld ansonsten geflossen ist, fehlt. Der Richter führte allerdings aus, dass es darauf gar nicht ankomme: Entscheidend sei nur, dass Geld ohne korrekte Gegenleistung von der TA zum BZÖ geflossen ist.

Die Partei, die im laufenden Nationalratswahlkampf um ihr politisches Überleben kämpft, verwendete die Mittel damals für den Wahlkampf. Nach Vorlage von Scheinrechnungen zahlte die TA 720.000 Euro an BZÖ-nahe Werbefirmen von Kurt S. Weitere 240.000 Euro landeten bei der Firma von Tina H., die damit um Vorzugsstimmen für Gastinger werben sollte.

Die damalige Justizministerin störte sich jedoch an ausländerfeindlichen Plakaten mit ihrem Konterfei und trat daher kurz vor der Wahl aus dem BZÖ aus. Dabei ordnete sie an, das verbliebene Geld ans BZÖ zu überweisen. Laut ihrer Aussage wusste sie nicht, dass die Mittel von der TA stammten. Mangels gegenteiliger Beweise wird sie nicht angeklagt.

Laut Hochegger hat die TA nicht nur FPÖ und BZÖ Geld gegeben, sondern auch ÖVP und SPÖ bedacht, wenngleich mit nicht ganz so hohen Summen. Die Tageszeitung Die Presse berichtete vergangene Woche außerdem, dass auch 37.800 Euro an eine Tochterfirma der SPÖ-dominierten Stadt Wien gezahlt wurden. Gegenleistung soll eine Tischreservierung für die TA bei einem Weinevent 2006 und 2007 gewesen sein. (hag)