Kosmologie: Womöglich entstanden Galaxien gar nicht vor Schwarzen Löchern

Das Weltraumteleskop James Webb revolutioniert unser Verständnis von der Frühzeit des Kosmos. Das unterstreicht eine Studie zu den frühesten Schwarzen Löchern.

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Ein Schwarzes Loch mit einem hellen Jet

Künstlerische Darstellung eines Schwarzen Lochs, das Plasma ausstößt und damit Sterne entstehen lässt.

(Bild: Roberto Molar Candanosa/JHU)

Lesezeit: 3 Min.

Supermassereiche Schwarze Löcher haben schon ganz am Anfang des Universums die Entstehung von Sternen vorangetrieben und die Herausbildung von Galaxien extrem beschleunigt. So fasst eine internationale Forschungsgruppe jetzt Beobachtungen des Weltraumteleskops James Webb (JWST) zusammen. Das stelle unser Verständnis von der Rolle, die Schwarze Löcher bei der Entwicklung des Kosmos gespielt haben, regelrecht auf den Kopf, meint Studienleiter Joseph Silk von der Johns Hopkins University.

Die große Überraschung angesichts der bisherigen Beobachtungen des Weltraumteleskops sei die Erkenntnis, dass Schwarze Löcher von Anfang an dabei waren und fast wie Bausteine oder Samen für Galaxien gedient haben. Bislang sei man davon ausgegangen, dass supermassive Sterne in der Frühzeit des Universums zu Schwarzen Löchern kollabiert sind, als sich die ersten Galaxien längst gebildet hatten.

Die seit der Inbetriebnahme des JWST gesammelten Daten legten nahe, dass Schwarze Löcher und Galaxien in den ersten 100 Millionen Jahren koexistiert und sich gegenseitig beeinflusst haben, schreibt Silk. Von den supermassereichen Objekten beschleunigtes und fortgeschleudertes Material habe Gaswolken durcheinandergewirbelt und die Sternentstehungsrate deutlich nach oben getrieben. Erst als das nachgelassen habe, hätten sich merklich weniger Sterne gebildet, weil das dafür zur Verfügung stehende Material knapp geworden ist.

Grundlage für diese Theorie sind besonders helle Galaxien, die das Weltraumteleskop in großer Zahl im frühen Universum entdeckt. Die widersprechen den Theorien und weisen auf eine überraschend große Zahl an jungen Sternen und supermassereichen Schwarzen Löchern. Zu der sich dann anschließenden Frage, wie diese Schwarzen Löcher entstanden und so schnell so massereich werden konnten, äußert sich das Team aber nicht.

Die jetzt in The Astrophysical Journal Letters veröffentlichte Analyse fügt ein weiteres Puzzlestück zu einem der großen Rätsel des JWST bei. Das entdeckt quasi seit seiner Inbetriebnahme vor anderthalb Jahren viel mehr, viel größere und viel hellere Galaxien in der absoluten Frühzeit des Universums als erwartet worden war. Gleichzeitig entdeckt das Instrument auch Schwarze Löcher, die es in dieser Form zum jeweiligen Zeitpunkt nicht habe geben dürfen.

Erst vor wenigen Wochen hat ein Forschungsteam erklärt, dass das bislang älteste bekannte Schwarze Loch unsere Annahmen zur Entstehung solcher Objekte vor eine Herausforderung stellt. Das Team um Silk bezieht sich in seiner Arbeit nun auf noch ältere Objekte, die wir nicht einmal mit dem Weltraumteleskop James Webb beobachten können. Auf ihre Existenz schließen die Forscher und Forscherinnen aber anhand der Helligkeit der Galaxien, in deren Zentrum sie sich befinden.

(mho)