Kostenloses Fernsehen via Internet unter Beschuss [Update]

Mit ihrer Idee, über eine Peer-To-Peer-Software Fernsehprogramme frei im Internet verfügbar zu machen, hat sich die TC Unterhaltungselektronik AG Ärger mit dem Pay-TV-Sender Premiere eingehandelt.

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Von
  • Nico Jurran

Der Fernsehsender Premiere geht gerichtlich gegen ein Programm der Koblenzer Softwarefirma TC Unterhaltungselektronik AG (TCU) vor. "Byte Tornado" soll den kostenlosen und anonymen Tausch von Fernsehinhalten ermöglichen. Dies erinnert an die bekannten und von der Content-Industrie gefürchteten Internet-Tauschbörsen, doch ist die technische Umsetzung hier um einiges schwieriger.

Um eine brauchbare Download-Rate zu erreichen, wäre es nötig, dass sich der Empfänger des Datenstroms aus möglichst vielen Quellen bedient. Die von verschiedenen Anwendern gecaptureten TV-Programme dürften sich jedoch schon aufgrund des Einsatzes unterschiedlicher TV-Karten erheblich unterscheiden, weshalb gewöhnliche P2P-Software die Daten verschiedener Anbieter nicht einfach zusammensetzen könnte. Hier setzt nun "Byte Tornado" an: Vor dem eigentlichen Tausch soll die Software die aufgenommenen Bilder in Streifen schneiden und mit einem Zeitstempel versehen. Die Software des Empfängers soll nun die einzelnen Streifen zusammensuchen und wieder zu einem Bild zusammensetzen. Tatsächlich dürfte damit die Zahl der Quellen steigen, andererseits ist davon auszugehen, dass das zusammengesetzte Bild an einen Flickenteppich erinnern dürfte.

Premiere stört sich daran, dass sich die Software auch dazu einsetzen ließe, um ihre kostenpflichtige Programme nach der Dekodierung im PC über das Internet zu verteilen. Der Pay-TV-Sender hat daher nach Angaben von TCU Ende 2004 vor dem Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung erwirkt, wonach es dem Unternehmen zunächst verboten ist, die Technik zu verbreiten. Die Hauptverhandlung soll nach Angaben von TCU gegenüber dpa am 22. März vor dem Hamburger Landgericht stattfinden.

Bekannt wurde TCU durch einen jahrelangen Streit mit dem Privatsender RTL um einen TV-Werbeblocker namens "Fernsehfee", der Werbespots ausblendete beziehungsweise das Fernsehgerät automatisch auf einen Sender umschaltet, auf dem zu dieser Zeit keine Werbung läuft. Im Juni 2004 hatte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe schließlich den Verkauf erlaubt. Ursprünglich als Hardware-Lösung entwickelt, bot TCU daraufhin eine Software-Lösung mit Werbeblocker unter dem Namen "Tivion" (inzwischen Tvoon) an. Nach Angaben von TCU-Vorstandsmitglied Guido Ciburski gegenüber dpa luden sich seit der Einführung vor einem halben Jahr rund 70.000 Menschen die Software herunter. Hinzu kämen die Kunden, die den Blocker zusammen mit der Hardware im Tivion Media Center bezögen.

Der Betreiber der Fernseh-Tauschbörse könne Anwender dann nicht davon abhalten, beliebige TV-Programme zu verbreiten, teilte das Unternehmen mit. TCU habe aber nie dazu aufgerufen, die Technik außerhalb der legalen Grenzen zu nutzen oder gar Premiere-Programme kostenlos zugänglich zu machen, sagte die TCU-Vorstandsvorsitzende Petra Bauersachs gegenüber der dpa. Tatsächlich liegt heise online eine E-Mail vom April 2004 vor, in der das Unternehmen seinen Kunden das Projekt explizit unter dem Namen "Pay-TV-Sharing" präsentierte.

Update: Premiere erklärte mittlerweile gegenüber heise online, dass bei dem Pay-TV-Sender bislang kein Widerspruch gegen die Einstweilige Verfügung eingegangen sei. Insoweit habe man auch keine Kenntnis über ein angebliches Hauptverfahren. (nij)