Recht auf Reparatur in der EU durch Ampelregierung gebremst

Die Ampel hat sich eigentlich bessere Reparaturmöglichkeiten auf die Fahnen geschrieben. Trotzdem verzögerte die Bundesregierung die Verhandlungen in Brüssel.

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Die Müllberge aus Elektroschrott will die EU eigentlich vermeiden.

(Bild: Morten B/Shutterstock.com)

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"Wir wollen Nachhaltigkeit by design zum Standard bei Produkten machen. Die Lebensdauer und Reparierbarkeit eines Produktes machen wir zum erkennbaren Merkmal der Produkteigenschaft (Recht auf Reparatur)." So steht es im Koalitionsvertrag der Ampel. Trotzdem sorgte die Bundesregierung bei den Verhandlungen für einen Anspruch auf Reparatur auf der EU-Ebene nicht für Tempo und Ausweitungen, sondern zog die Handbremse. Das geht laut der taz aus Dokumenten hervor, welche die Open Knowledge Foundation (OKF) auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) erfragte. Zwischen den zuständigen Ministerien abgestimmte Weisungen für die Verhandlungen im EU-Ministerrat zeigten etwa, dass die Exekutive sich etwa für einen kürzeren Gewährleistungszeitraum ausgesprochen habe.

"Deutschland steht nach wie vor der Verpflichtung der Mitgliedstaaten kritisch gegenüber, neben der Meldepflicht zusätzlich mindestens eine reparaturfördernde Maßnahme zu ergreifen", zitiert die taz aus einem der Papiere. Aus den Dokumenten erschließt sich demnach auch, dass vor allem zwischen dem von Marco Buschmann (FDP) geführten Bundesjustizministerium (BMJ) und dem Ressort für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV), das die Grüne Steffi Lemke leitet, dicke Luft herrschte. So habe das BMJ auf die IFG-Anfrage hin vor allem wirtschaftsfreundliche Ziele ausgewiesen.

Diesem sei es etwa darum gegangen, höhere Bußgelder, eine Auflage für Hersteller, ein Ersatzprodukt für die Reparaturdauer bereitzustellen, und eine Ausweitung des Reparaturrechts auf weitere Produktgruppen zu verhindern. Das BMUV soll auf das Gegenteil gedrängt haben, konnte sich aber nicht in allen Bereichen durchsetzen. Laut der Richtlinie für ein Recht auf Reparatur, die das EU-Parlament im April beschloss, gilt der Anspruch nur für Produkte, für die im EU-Recht schon einschlägige Anforderungen mit dem Ökodesign-Ansatz bestehen. Das sind Smartphones, Tablets, Server, Bildschirme, Waschmaschinen, Trockner, Geschirrspüler, Kühlschränke und Schweißgeräte sowie bald auch Staubsauger. Die Abgeordneten wollten diese Liste etwa um Fahrräder erweitern, doch die EU-Länder waren dagegen.

Allerdings muss jedes EU-Land trotz der Kritik der Bundesregierung mindestens eine Maßnahme zur Förderung von Reparaturen einführen wie Gutscheine, Kurse, Informationskampagnen oder die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Reparaturleistungen. Hierzulande gibt es immer wieder Appelle, einen bundesweiten Reparaturbonus für Elektrogeräte nach dem Vorbild Thüringens einzuführen. Die Mitgliedsstaaten müssen die Richtlinie in den kommenden zwei Jahren umsetzen. Das federführende BMJ ließ die taz wissen, daran zu sitzen. Details könne man aber noch nicht nennen. Maximilian Voigt von OKF monierte, die FDP habe "die Wirtschaftsinteressen durch das BMJ in die Verhandlungen reingetragen". Viele Menschen wünschten sich, Dinge zu reparieren, statt sie ersetzen zu müssen. Das Thema werde von der Politik aber nicht ausreichend adressiert.

"Gerade wenn man sich anschaut, was andere Länder machen, ist es frustrierend, dass hier nichts vorangeht", ärgert sich Katrin Meyer vom Runden Tisch Reparatur. Sie hofft laut dem Bericht, dass die Regierung nun bei der Implementierung der EU-Vorgaben in nationales Recht ihre Spielräume für mehr Verbraucherschutz nutze: Möglich und nötig seien Erweiterungen auf weitere Produktkategorien, ein klarer Rahmen, was Ersatzteile kosten dürfen, und ein Bonus. Bislang konnte sich die Exekutive aber – zum Ärger der Grünen – noch nicht einmal auf das seit Langem versprochene Aktionsprogramm "Reparieren statt Wegwerfen" einigen.

(nie)