Kritik an IT-Projekt Herkules der Bundeswehr nach Ausstieg von T-Systems

Herkules soll die Bundeswehr-IT nicht nur modernisieren, sondern deren Management auch in private Hände legen.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Der CDU-Haushaltsexperte Dietrich Austermann bezweifelt, dass die Bundeswehr das auf zehn Jahre angelegte Outsourcing-Projekt Herkules noch erfolgreich abschließen kann: "Der Ausstieg von T-Systems ist ein Indiz für das bevorstehende Scheitern." Er rät dem Bundesverteidigungsministerium, nicht alle Leistungen in einem Gesamtpaket zu vergeben, sondern nur Teilleistungen auszuschreiben. Er warnt: "Jeden Monat, den wir warten, werden die Probleme bei der IT in der Bundeswehr größer."

Seit 1998 habe es kein funktionierendes Private-Public-Partnership mehr bei der Bundeswehr gegeben, sagte Austerman gegenüber heise online. Er kritisiert, dass sich der frühere Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping Unternehmensberatern "ausgeliefert" habe, um zu demonstrieren, dass auch Sozialdemokraten mit der Wirtschaft kooperieren könnten. Das Ministerium habe hunderte Millionen Euro für teils freihändig vergebene Beraterverträge im Zusammenhang mit der geplanten Modernisierung der Streitkräfte ausgegeben. In den nächsten Wochen wird sich der Bundestag ausführlicher mit den Vorgängen auseinandersetzen.

Noch in der letzten Woche überraschte die Telekom-Tochter T-Systems mit ihrem Ausstieg aus dem Bieterkonsortium für das Bundeswehr-IT-Projekt "Herkules". Diese Woche kehrte sie zumindest als Subunternehmen zurück: "Wir stehen weiterhin bereit, Leistungen für das Projekt zu erbringen", sagte T-Systems-Chef und Telekom-Vorstand Konrad Reiss der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Herkules soll die Bundeswehr-IT nicht nur modernisieren, sondern deren Management auch in private Hände legen: Rund 5.000 Mitarbeiter der Bundeswehr-IT sollen in eine neue privatrechtliche Gesellschaft übernommen werden, die für die Modernisierung der Informations- und Kommunikationstechnologie der Bundeswehr zuständig sein wird. Die Bundeswehr wird einen Minderheitsanteil von 49,9 Prozent an der Gesellschaft halten. T-Systems-Chef Reiss verwies darauf, dass T-Systems bereits vor vier Jahren ein Angebot abgegeben hatte, das aber nicht zur Zufriedenheit der Partner an die aktuellen Rahmenbedingungen angepasst werden konnte. Seit der Ausschreibung hat sich nicht nur die Netzwerktechnik bedeutend weiterentwickelt, auch das Bundesverteidigungsministerium beschloss die Schließung von 100 Standorten. Reiss versuchte, in der Öffentlichkeit kein Porzellan zu zerschlagen: "Unsere Entscheidung, kein überarbeitetes Angebot abzugeben, ist nicht verbunden mit irgendeiner Form der Kritik an der Bundeswehr oder unseren Konsortialpartnern", sagte er diplomatisch. In Unternehmenskreisen war jedoch kritisiert worden, dass es keinen Konsortialführer gegeben hatte.

Im Juli erst hatte ein Konsortium mit dem IT-Dienstleister CSC-Ploenzke, dem Luftfahrt- und Elektronikkonzern EADS und dem Telekommunikationsbetreiber Mobilcom die Verhandlungen mit dem Bundesverteidigungsministerium für gescheitert erklärt, da die Bundeswehr mehr verlangt habe, als die privaten Anbieter zum gegebenen Preis leisten könnten. Problematisch war, dass die Bundeswehr zum einen auf dem neuesten Stand der Technik bestand, zum anderen jedoch das vorgesehene Budget nicht überschreiten konnte. IBM und Siemens Business Services wollen nun bereits Ende März ein neues Angebot vorlegen. Die Bundeswehr will nach Angaben eines Sprechers an dem Projekt ebenfalls weiter festhalten. Die endgültige Entscheidung soll nicht vor Herbst fallen. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)