Kritik an Redings ICANN-Plänen

Die EU-Kommissarin hat ihre Pläne für eine unabhängigere Internetverwaltung offenbar nicht mit Brüssel abgestimmt wird nun zu einer Klarstellung gedrängt.

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Von
  • Monika Ermert

Die Erklärung von EU-Kommissarin Viviane Reding zur Zukunft der Internetverwaltung ICANN erntete bei einem zweitägigen Treffen der europäischen "High Level Group on Internet Governance" (HLIGG) in Brüssel viel Kritik. Nach Informationen von heise online verlangen Vertreter der Mitgliedsstaaten von Reding eine Klarstellung gegenüber den USA. Redings Aufforderung an die Amerikaner, sich aus der alleinigen Aufsicht der privaten Netzverwaltung zurückzuziehen, könne missverstanden werden, heißt es aus dem Kreis der Regierungsvertreter.

Redings Vorschlag, der sich auch detailliert mit einer möglichen Aufsichtsstruktur für die ICANN beschäftigte, war nach Informationen aus Brüssel innerhalb der Kommission nicht abgestimmt und wurde dort mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommen. Die Kommissarin hatte gefordert, die Aufsicht über die private Netzverwaltung einem Rat von zwölf Regierungen zu übertragen und auch ein Schiedsgremium für Streitigkeiten mit Vertragsparteien zu etablieren.

Bei einer öffentlichen Anhörung Mitte der Woche, die dem geschlossenen Treffen der HLIGG vorangegangen war, wurde der Vorschlag gar nicht zur Diskussion gestellt. Vielmehr soll eine europäische Stellungnahme im Rahmen der von der US-Administration jüngst gestarteten Konsultation zur Zukunft der ICANN erst noch erarbeitet werden. Die Beiträge der öffentlichen Anhörung würden in dieses Verfahren mit einfließen, hieß es aus dem Kreis der Mitgliedsstaaten.

Abgesehen von vagen Appellen für eine Kooperation aller Interessengruppen (Regierungen, Wirtschaft, Zivilgesellschaft) fehle es immer noch an einem Konzept, wie sich die Flexibilität und das technische Know-how des privaten Sektors mit den Regierungen und dem erforderlichen Grundrechteschutz unter einen Hut bringen lassen, mahnt Milton Mueller von der Universität Delft. Ohne eine Lösung dürfte sich die Abkopplung der ICANN von der US-Regierung noch um Jahre herauszögern.

Vor nationalen Alleingängen bei der Netzsicherheit warnten in Brüssel Nicht-Regierungsorganisationen und Registries, unter ihnen auch die Denic. Der scheidende ICANN-Chef Paul Twomey, nannte "unangemessene, nationalstaatliche Antworten auf das Problem der Sicherheit im Netz" gar die größte Gefahr für das Internet überhaupt. Beim derzeit heiß diskutierten Thema DNS Security Extensions (DNSSEC) solle sich Europa nicht zu einer übereilten Einführung eines US-zentrierten oder VeriSign dominierten Modells drängen lassen, meint Mueller. Ein kommerziell tätiges US-Unternehmen als Schlüsselverwalter für die Rootzone stößt dem Vernehmen nach auch in der HLIGG auf Ablehnung. (Monika Ermert) / (vbr)