Kritiker sieht Zusammenhang zwischen Wahlcomputereinsatz und Wahlbeteiligung

"Mancher Wähler, der in der Vergangenheit Schwierigkeiten mit der Bedienung der Wahlgeräte hatte, ist in diesem Jahr vermutlich gleich zuhause geblieben", vermutet der Wahlcomputer-Kritiker Ulrich Wiesner.

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Bei den Landtagswahlen in Hessen am 27. Januar sind Wähler in Gemeinden, die Wahlcomputer eingesetzt haben, seltener zur Wahl gegangen als in den übrigen Städten und Gemeinden. Die Wahlbeteiligung lag in diesen Gemeinden bei durchschnittlich 61,0 Prozent und damit mehr als 3 Prozentpunkte unter dem Landesdurchschnitt (64,3 Prozent). Zu diesem Ergebnis kommt der Frankfurter Physiker und Software-Spezialist Ulrich Wiesner. Er hatte vor knapp einem Jahr eine Verfassungsklage wegen des Einsatz von Wahlcomputern bei der Bundestagswahl 2005 eingereicht.

Die Städte Langen, Obertshausen, Viernheim und Lampertheim, in denen Wahlcomputer eingesetzt wurden, erzielten laut Wiesners Analyse in ihren Wahlkreisen die jeweils niedrigsten Wahlbeteiligungen aller Gemeinden. Auch die Stadt und die Gemeinde Niestetal erreichten demnach nur jeweils die zweitschlechteste Wahlbeteiligung im Wahlkreis. Die Stadt Viernheim verzeichnete die niedrigste Wahlbeteiligung aller hessischen Städte und Gemeinden. Lediglich aus den Computer-Gemeinden Niedernhausen und Alsbach-Hähnlein sei eine durchschnittliche Wahlbeteiligung gemeldet worden.

"Mancher Wähler, der in der Vergangenheit Schwierigkeiten mit der Bedienung der Wahlgeräte hatte, ist in diesem Jahr vermutlich gleich zuhause geblieben", vermutet Wiesner. "Die mangelnde Transparenz einer Computerwahl und die fehlende Überprüfbarkeit des Ergebnisses tragen offensichtlich zur Wahlmüdigkeit bei." In Langen, wo gleichzeitig auch ein neuer Bürgermeister gewählt wurde, sei es an den Wahlcomputern teilweise zu Wartezeiten von bis zu 45 Minuten gekommen. "Angesichts solcher Wartezeiten verzichtete wohl mancher Wähler auf die Abgabe seiner Stimme", meint Wiesner.

Bei den Landtagswahlen in Hessen hatten acht Gemeinden die Wahlcomputer des niederländischen Herstellers Nedap eingesetzt. Diesen Einsatz hatte die IT-Expertin Nicole Hornung aus dem südhessischen Alsbach-Hähnlein mit der Unterstützung des Chaos Computer Clubs (CCC) verhindern wollen, doch der Staatsgerichtshof sah keine Hindernisse. Daraufhin hatte der CCC bei der Landtagswahl vor elf Tagen Eindrücke von Wahlbeobachtern gesammelt, die unter anderem über Unstimmigkeiten berichteten. Hackern war es im Jahr 2006 gelungen, die Manipulierbarkeit von Wahlcomputern zu demonstrieren.

Siehe zum Einsatz von Wahlcomputern in Hessen auch:

(anw)