Landesdatenschutzbeauftragte warnt Parteien vor gezielter Wahlwerbung

Die Landesdatenschutzbeauftragte Berlins sieht den Einsatz von zielgerichteter Wahlwerbung kritisch. Sie warnt die Parteien nicht nur vor Datenschutzrisiken.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 39 Kommentare lesen
Eine Frau hält sich die Ohren zu, während mehrere Hände ihr von allen Seiten Bildschirme und Megaphone um den Kopf halten

Die Landesdatenschutzbeauftragte Berlins warnte vor gezielter Wahlwerbung mit Microtargeting.

(Bild: Shyntartanya/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Meike Kamp hat vor der Europawahl in diesem und der Bundestagswahl im nächsten Jahr vor einem hohen Datenschutzrisiko gewarnt, Wahlwerbung zielgenau auszurichten. In ihrem Schreiben bezieht sie sich insbesondere auf das sogenannte Microtargeting-Verfahren großer Onlineplattformen und sozialer Netzwerke.

Beim Microtargeting geht es um die passgenaue Ausspielung von Inhalten an eine zuvor festgelegte Zielgruppe. Wer welche Werbung sieht, hängt dabei von Nutzerprofilen ab, die im Hintergrund laufen. Die gesammelten Daten sorgen so dafür, dass die Werbung auf den Bildschirmen der idealen Personen erscheint. Bei politischen Anzeigen erstreckt sich diese Vorauswahl auf die politische Haltung der Werbeadressierten. Diese ist allerdings als besondere Art personenbezogener Daten in der Datenschutzgrundverordnung geschützt. Sie zu verwenden, erfordert die ausdrückliche Zustimmung der Person.

Kamp kritisiert zudem, dass die Vorgänge nicht transparent seien und die Adressierten nicht einordnen könnten, wer sich nun mit der entsprechenden Botschaft an sie wende. Die Datenschutzbeauftragte sieht darin eine Gefahr: "Es steht zu befürchten, dass das zielgenaue Ausspielen von politischer Werbung auf der Grundlage von umfassenden Nutzungsprofilen nicht dazu führt, dass der öffentliche Diskurs angeregt und gefördert wird. Im Gegenteil, die Debatten werden in kleinteilige Gruppen verlagert und fragmentiert, polarisierende Inhalte ggf. verstärkt bzw. das vorgebliche Bild von einer 'öffentlichen Meinung' verzerrt", betont Kamp.

Gefangen in einer Filter-Bubble sei es immer schwieriger, auch mit Inhalten in Berührung zu kommen, die nicht auf das eigene Profil zugeschnitten seien. Irgendwann falle die Werbung so individuell und manipulativ aus, dass dies die freie und politische Meinungsbildung einschränke. "Wahlwerbung, die so funktioniert, widerspricht nach meiner Auffassung der zentralen Aufgabe der Parteien, die doch darin besteht, den öffentlichen Diskurs anzuregen, die vielfältigen Meinungen zu bündeln, zu Kompromissen zu führen, zu koordinieren und zu organisieren", schreibt Kamp und appelliert an die Parteien, auf Microtargeting zu verzichten. Zugleich mahnt Kamp, die eigenen Systeme auf Sicherheit zu überprüfen, um Angriffen, Manipulation der Kommunikation und Desinformationskampagnen vorzubeugen.

(are)