Landgericht stärkt Rechte der Nutzer von Prepaid-Handys

Die von O2 verwendete Klausel, dass eingezahltes Guthaben verfällt, wenn es nicht binnen eines Jahres verbraucht wird, ist unwirksam, entschied das Landgericht München I. Auch darf der Carrier kein Entgelt für die Sperre eines Prepaid-Vertrags erheben.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Eine Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Mobilfunkanbieters, nach der ein Guthaben für Prepaid-Handy-Verträge, dessen Einzahlung mehr als 365 Tage zurückliegt, verfällt, wenn nicht eine weitere Aufladung stattfindet, ist unwirksam. Dies entschied die 12. Zivilkammer des Landgerichts München I auf die Klage einer Verbraucherzentrale (Az.: 12 O 16098/05). Das Urteil ist derzeit nicht rechtskräftig. Beim Beklagten handelt es sich offenkundig um den in München ansässigen Mobilfunknetzbetreiber O2 Germany, in dessen AGB für Prepaid-Verträge namens "Loop" (PDF-Datei) sich unter 5.4 fast wortgleich die vom Gericht beanstandete Klausel findet.

Der Netzbetreiber hatte die Klausel mit dem erheblichen Aufwand für das Aufrechterhalten von Verträgen inaktiver Kunden und deren Guthaben verteidigt. Die Guthaben müssten registriert und auf Verlangen bis zum Ablauf der Verjährung ausbezahlt werden. Der Aufwand sei unzumutbar. Auch sei oft nicht klar, wer überhaupt Einzahler des Guthabens sei, da gerade Prepaid-Handys oftmals nicht vom Erwerber, sondern von Dritten genutzt würden. Das Gericht ließ diese Einwände nicht gelten. Der Kunde habe mit der Einzahlung des Guthabens eine Vorleistung erbracht. Die Verwaltung der Guthaben sei ein rein buchhalterischer Vorgang, der Verwaltungsaufwand sei dafür nicht unzumutbar hoch. Im Übrigen sei klar, dass das Guthaben an den Inhaber des Handys zurückzuzahlen sei. Da es zudem möglich sei, dass größere Guthaben über 100 Euro verfallen, liege eine unangemessene Benachteiligung des Kunden vor.

Auch Punkt 10 der Loop-AGB darf dem Gericht zufolge nicht gegenüber den Verbrauchern angewendet werden: Diese Klausel sieht vor, ein Entgelt für die Sperrung eines Loop-Anschlusses zu erheben, wenn der Kunde seine vertraglichen Pflichten verletzt – beispielsweise, indem er durch exzessive Mobilfunknutzung eine Funkzelle für andere Teilnehmer blockiert. Dass nach Bedingungswerk des Mobilfunkers eine Sperre auch in Fällen vorgesehen ist, in denen der Kunde seinen Pflichten aus dem Vertrag nicht nachkommt, könne die Klausel bei der "gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung als pauschalierter Schadensersatzanspruch gewertet werden", entschieden die Richter. Daher sei diese Regelung nach der einschlägigen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuches unwirksam.

Das Urteil wurde am 26. Januar verkündet und wird zunächst in schriftlicher Form den Parteien zugestellt. Diese können dpa zufolge binnen vier Wochen Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. Dann ginge der Fall in die nächste Instanz, sonst wird das Urteil rechtskräftig.

In Österreich hatte der Oberste Gerichtshof ähnliche Klauseln zum Guthabenverfall bereits im Herbst 2004 für unwirksam erklärt. Die österreichischem Netzbetreiber haben auf das Urteil mit einer sechsmonatigen Frist reagiert, innerhalb der Kunden ihre Forderungen geltend machen müssen. Dagegen läuft ein neuer Musterprozess. Außerdem versuchen die Mobilfunkanbieter mittels Auszahlungsgebühren, die Rückforderung ungenutzter Guthaben zu erschweren. (ssu)