Lang lebe Technik: Forscher sammeln Geschichten alter Elektrogeräte

Wissenschaftler und Verbraucherschützer wollen mit einer Mitmachaktion dazu inspirieren, alte Geräte wertzuschätzen, und einen vorzeitigen Austausch verhindern.

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(Bild: Morten B/Shutterstock.com)

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Das fünf Jahre alte Smartphone, die elektrische Kaffeemühle aus den 1970ern oder der Föhn der Großmutter: Nach solchen funktionsfähigen elektronischen Geräten, die sich für eine lange Zeit als verlässliche Begleiter erwiesen haben, sucht eine Forschungsgruppe vom Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) und der TU Berlin. In Kooperation mit den Verbraucherzentralen Hamburg und Nordrhein-Westfalen geht es um "Obsoleszenz als Herausforderung für Nachhaltigkeit". Das Motto: "Lang lebe Technik!"

Passend zur Woche der Abfallvermeidung startete die Mitmachaktion am Samstag und läuft bis zum 23. Dezember. User sind aufgerufen, Erfahrungen mit einem Haushalts- oder Informations- und Kommunikationsgerät zu teilen, das sie schon lange regelmäßig in Betrieb haben und das "treu seinen Dienst verrichtet". Bilder und Geschichten dazu können Teilnehmer auf der Projektwebseite veröffentlichen. Gefragt sind auch Tricks, um die Funktionsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Unter dem Hashtag #LanglebeTechnik sollen kurze Impressionen auch über Facebook, Instagram und Twitter geteilt werden.

Zu den ersten Einträgen gehören eine 60 Jahre alt Wandkaffeemaschine, ein 40-jähriger Radioempfänger, ein 30 Jahre alter Musikverstärker und eine 25-jährige analoge Fotokamera. Generell wollen die Kooperationspartner mit dem Sammeln und Präsentieren der Geschichten dazu anregen, alte Geräte wertzuschätzen und einen "eventuell anstehenden vorzeitigen Austausch zu überdenken".

Durch das Reflektieren über den Umgang mit Technik soll das für die Kreislaufwirtschaft wichtige Thema der langen Nutzungsdauer anschaulich gemacht werden, heißt es. Auf der Webseite informiert die Forschungsgruppe allgemein über Thema kurze und lange Lebensdauer von elektronischen Geräten. Interessierte sollen durch Beispiele sowie anschaulich erläuterte Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Perspektiven Einblicke in diesen vielschichtigen Bereich erhalten.

Das Konsortium versucht nach eigener Darstellung transparent zu machen, "wie technische, rechtliche, kulturelle und soziale Bedingungen dazu beitragen, dass die Nutzungsdauer von elektronischen Geräten zustande kommt". "Ressourcenschutz statt Elektroschrott" sowie "Gibt es 'geplante Obsoleszenz'?" lauten einzelne Rubriken. In einem Hintergrundartikel ist zu lesen, dass Nutzer durch zuverlässige und langlebige Geräte häufig nicht nur Geld, sondern auch Zeit und Aufwand für große und kleine Reparaturen oder frühe Neukäufe sparen könnten.

Instrumente für den Profi-Bereich seien für eine deutlich stärkere Nutzung ausgelegt als solche für den privaten Gebrauch, erläutern die Forscher und Verbraucherschützer. Ein Indiz für die Zuverlässigkeit könne auch sein, wenn der Hersteller eine ergänzende freiwillige Garantie gibt. Ein austauschbarer Akku erhöhe ebenso die Nutzungsdauer wie ein modulares Produktdesign. Die Verfügbarkeit von Ersatzteilen sei wichtig für die Reparierbarkeit. Bei Geräten mit Software sollte recherchiert werden, wie lange der Hersteller Updates zur Verfügung stellt.

"Reparatur ist heutzutage eine Ausnahme", kritisiert die Leiterin der Forschungsgruppe, Melanie Jaeger-Erben. Eigene Umfragen zeigten, dass 71 Prozent der Waschmaschinen- und 86 Prozent der Smartphone-Nutzer ihr Gerät noch nie für eine Ausbesserung weggebracht haben. Parallel werde in der Öffentlichkeit aber zunehmend ambivalent diskutiert, ob mit den von Handel und Herstellern regelmäßig beworbenen "noch besseren" Produktinnovationen tatsächlich ein Mehrwert für den alltäglichen Gebrauch verbunden sei.

Alte Technik habe häufig Vorzüge, erläutert Tristan Jorde von der Verbraucherzentrale Hamburg. Rückmeldungen von Verbrauchern verdeutlichten, dass bei einigen Gerätearten alte Modelle robuster seien als neue und sich einfacher reparieren ließen, "da sie weniger komplex und leichter zu öffnen sind". Das EU-Parlament hat die Brüsseler Kommission bereits wiederholt aufgefordert, zeitnah ein "Recht auf Reparatur" mit Anleitungen und Ersatzteilen einzuführen und entsprechenden Ankündigungen rasch Taten folgen zu lassen.

(jk)