Langwellig: Infrarotfotografie im Selbstbau

Seite 3: Beachtenswertes

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Ohne Sperrfilter vor dem Sensor benötigt die Kamera nun natürlich ein externes IR-Sperrfilter, wenn damit "normal" fotografiert werden soll. Aufnahmen ganz ohne Filter sind mit vielen Objektiven kaum sinnvoll, da Farbbilder durch den IR-Anteil im Motiv stark farbstichig und auch unscharf werden. Die Unschärfe hat als Ursache übrigens die je nach Wellenlänge unterschiedliche Lichtbrechung der Objektivgläser, so dass sich dem scharfen "sichtbaren" Bild ein unscharfes IR-Bild überlagert. Mit der Eignung verschieder Nikon-Objektive befasst sich zum Beispiel der Lens Survey auf naturfotograf.com.

Leuchtstofflampenlicht ist für IR-Kameras fast unsichtbar. Diese Schreibtischlampe ist eingeschaltet!

Auf älteren manuell fokussierten Objektiven findet man oft noch eine IR-Markierung, die die korrekte Entfernungseinstellung bei Verwendung von Infrarotfilm kennzeichnete. Sie ahnen es schon: Ein Autofokus stellt natürlich nicht auf das Infrarot, sondern auf das sichtbare Licht scharf, weshalb automatisch fokussierte IR-Bilder ebenso automatisch unscharf werden. Eine manuelle Fokussierung oder die korrekte Entfernungseinstellung ist für scharfe IR-Bilder deshalb unabdingbar. Üblicherweise muss man die Entfernung etwas weiter einstellen, als sie für sichtbares Licht richtig wäre – bei 2 m Motiventfernung könnten also 2,20 m stimmen. Der nötige "Versatz" ist übrigens von der Bauart des Objektivs abhängig. Wenn Ihre Kamera eine Backfocus-Korrektur beherrscht, können Sie auch damit experimentieren und so den IR-Offset einstellen. Die LiveView-Beriebsart ist vom Autofokus-Problem übrigens nicht betroffen, allerdings wird man im Zweifel den Eingriff in eine so "neue" Kamera doch scheuen.

Die IR-Entfernungseinstellung ist ohne Markierung ein Trial&Error-Verfahren. Eine selbstgemachte Markierung ist nur für Festbrennweiten sinnvoll, bei Zooms kann sich der IR-Entfernungsversatz je nach Brennweite verschieben. Ohnehin werden Ihnen bei manchen Objektiven Merkwürdigkeiten auffallen: Vor allem Zooms und Superzooms weisen im IR-Bereich einen erhöhten Schärfeabfall zum Rand oder eine stärkere Vignettierung auf.

Der Autofokus lässt sich bei der D70 übrigens durch eine Innensechskantschraube im Spiegelkasten sehr leicht nachjustieren. Zumindest für eine Festbrennweite sollte so auch der Autofokus nutzbar sein.

Ähnlich wie dem Autofokus geht es der Belichtungsautomatik, die sich von IR-Licht nicht angesprochen fühlt. Etwas Experimentieren hilft auch hier, Probeaufnahmen und Belichtungsreihen sind auf jeden Fall sinnvoll. Um für die später immer notwendige Nachbearbeitung genügend Spielraum zu haben, empfielt es sich, die Aufnahmen im Raw-Format anzufertigen. Aus den RGB-Farbkanälen erhält man mit einem Bild praktisch eine HDR-Belichtungsreihe, weil die grünen Pixel weniger und die blauen sehr viel weniger IR-Licht abbekommen; ganz blind sind sie für IR-Licht nämlich nicht. Wegen der für die Kamera-Elektronik ungewohnten Farbbalance sollte man den Weißabgleich manuell festlegen, sinnvoll ist hier die Kunstlicht-Einstellung.

"Candyland" wurde mit einer modifizierten Canon PowerShot G3 aufgenommen.

(Bild: Kai Hormann)

Das Bild auf der ersten Seite hat unser Galerie-Nutzer Micro P. Nuts aus einer Raw-Datei aufgespalten, die einzelnen Kanäle per Photoshop CS mit Channel-Shift versehen und mit Photomatix wieder zusammengesetzt. Das entstandene Quasi-HDR-Bild wurde dann noch einer Nachbehandlung in Photoshop unterzogen. Nebenstehend noch eine gelungene Umsetzung unseres Users Kai Hormann: Das Foto entstand im Frühsommer bei leichtem Gegenlicht, als Kamera wurde eine von ihm modifizierte Canon G3 mit einem Hoya R72 als IR-Filter eingesetzt. Der Weissabgleich erfolgte mit aufgesetztem Filter auf eine sonnenbeschienene Grasfläche. Bearbeitet wurde das Bild dann per Photoshop mit Tonwertkorrektur und Tausch des Rot- und Blaukanals über das Kanalmixer-Werkzeug. Als Alternative zum R72 empfiehlt Hormann das Heliopan RG715, das einen ähnliche Sperr-Wellenlängenbereich aufweist und damit auch für (Falsch-)Farb-Infrarot in Frage kommt.

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