Lebensfreundliche Vergangenheit? – Auf Venus gab es einst wohl Plattentektonik
Die Zusammensetzung der Venus-Atmosphäre lässt sich angeblich nur mit einer einstigen Plattentektonik erklären. Das hätte Folgen für die Möglichkeit von Leben.
Nach der Entstehung der Venus muss es auf dem Planeten mindestens eine Milliarde Jahre lang eine Plattentektonik gegeben haben, wie jene auf der Erde. Das hat ein Forschungsteam aus den USA anhand der heutigen Zusammensetzung der Atmosphäre des zweiten Planeten unseres Sonnensystems ermittelt. Ist der Planet inzwischen ein extrem heißes Ödland, habe er unserer Erde damit einmal viel stärker geähnelt, meint das Forschungsteam. Der Befund könnte darauf hindeuten, dass auf der Venus einst erdähnliches Leben möglich war. Gleichzeitig würde er deutlich machen, dass das Vorhandensein von Plattentektonik auf einem Planeten keine binäre Angelegenheit sei, also etwas, das es während der gesamten Existenz entweder gibt oder nicht gibt.
Messwerte nur mit einstiger Plattentektonik erklärbar
Mit der Analyse habe man eigentlich beweisen wollen, dass die Atmosphäre erdähnlicher Exoplaneten viel über deren Geschichte verraten können. Dafür habe man anhand der aktuellen Zusammensetzung der Venus-Atmosphäre zurückzurechnen versucht, wie sie früher ausgesehen haben müsste. Rasch habe man dabei bemerkt, dass die Messwerte in Bezug auf die Menge von Stickstoff und Kohlenstoff sowie den Druck nicht passen. Erst Simulationen, die eine begrenzte Plattentektonik vor 4,5 Milliarden bis 3,5 Milliarden Jahren umfassten, hätten die heutigen Werte zur Folge gehabt, schreibt das Team.
Während sich der Prozess auf der Erde im Verlauf der Jahrmilliarden aber verstetigt und chemische Reaktionen befördert hat, die die Oberflächentemperaturen in einer für die Entstehung von Leben hilfreichen Art stabilisierte, ist die Entwicklung auf der Venus anders verlaufen. Aus irgendeinem Grund wurde die Plattentektonik auf dem Planeten gestoppt und es bildeten sich jene extrem unwirtlichen Verhältnisse, wie wir sie heute kennen. Warum das passiert ist, will das Team als Nächstes erforschen. Eine wichtige Erkenntnis sei aber bereits, dass es im Sonnensystem offenbar vor Milliarden Jahren zwei Planeten gab, die sich ähnlicher waren als bislang angenommen und dann trotzdem sehr unterschiedliche Wege genommen haben.
Das ursprüngliche Ziel ihrer Forschungsarbeit hat das Team um den Planetologien Matthew Weller von der Brown University offenbar erreicht: Man habe gezeigt, dass Atmosphären viel bessere Möglichkeiten bieten als die Planetenoberflächen, die extreme Frühgeschichte von Planeten zu erforschen. Gleichzeitig passt der jetzt im Wissenschaftsmagazin Nature Astronomy vorgestellte Fund zu einem neuen Fokus auf der Plattentektonik in der Planetenforschung. Erst im Sommer hat eine andere Forschungsgruppe eine Analyse vorgestellt, laut der die für das Leben auf der Erde so wichtige Plattentektonik überhaupt erst durch simple Mikroorganismen in Gang gesetzt worden sein könnte. Später hat eine Astronomin ermittelt, dass es in unserer kosmischen Nachbarschaft einige Exoplaneten mit Kontinenten geben dürfte.
(mho)