USA: China manipuliert womöglich den weltweiten Halbleitermarkt

China stellt Milliarden von winzigen Chips mit älterer Fertigungstechnik her. Die US-Regierung vermutet unlautere Methoden und startet eine Untersuchung.

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Chip auf Mainboard

(Bild: raigvi / Shutterstock)

Lesezeit: 3 Min.

Die USA nehmen Chinas Halbleiterproduktion von sogenannten Legacy-Chips ins Visier. Die Regierung vermutet Wettbewerbsverzerrung hinter der Marktmacht: Denn während China durch Handelsrestriktionen bei modernen Fertigungsprozessen abgeschlagen ist, kommen die meisten Chips mit gröberen Strukturen aus dem Land.

Dabei handelt es sich etwa um Controller, Sensoren und Power-Management-Chips (PMICs), die Strukturen von 60 Nanometern oder noch gröber ("matured nodes") verwenden und unter anderem in Autos, Haushaltsgeräten und medizinischer Ausrüstung landen

Im April 2024 hatten die USA und die EU eine Umfrage unter Unternehmen angestoßen, um die Verbreitung von chinesischen Chips einzuschätzen. Damals warnte die US-Handelsministerin Gina Raimondo, dass China schon in wenigen Jahren 60 Prozent der weltweit benötigten Legacy-Chips herstellen könnte.

Der Bedarf bleibt hoch, weil die meisten Anwendungsgebiete keine fortschrittliche Fertigungstechnik benötigen. Gleichzeitig wollen nur wenige Firmen Fertigungskapazität für solch alte Prozessgeneration aufbauen – zu niedrig ist die Marge auf solche Chips, die nur einige Cent kosten.

Anhand der Umfrage kam das US-Handelsministerium zum Entschluss, dass rund die Hälfte der US-Firmen den Ursprung ihrer Chips nicht kennt. Darunter sollen sich auch Waffenhersteller befinden. Das verwundert, weil die USA eigentlich akribisch auf die Chips in Waffensystemen achten. Dafür gibt es eigens zertifizierte US-Halbleiterwerke.

Die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai leitet die Untersuchung mit ihrem Büro. In einer Mitteilung schreibt es: "Es gibt Hinweise darauf, dass China versucht, die heimischen und globalen Märkte in der Halbleiterindustrie zu dominieren, und umfangreiche wettbewerbsfeindliche und nicht marktkonforme Mittel einsetzt, einschließlich der Festlegung und Verfolgung von Marktanteilszielen, um eine Indigenisierung und Selbstversorgung zu erreichen. Chinas Handlungen, Politiken und Praktiken scheinen schädliche Auswirkungen auf die Vereinigten Staaten und andere Volkswirtschaften zu haben."

Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters betont Tai, dass die künstlich verbilligten Chips den marktorientierten Wettbewerb erheblich schädigen und womöglich sogar ausschalten könnten. Die jetzige Untersuchung schaut sich neben den reinen Chips auf US-amerikanische Endgeräte mit den verlöteten Halbleiterbauelementen an.

Die US-Regierung um Joe Biden leitet die Untersuchung ein und gibt sie Ende Januar 2025 an Trumps Administration weiter. Erste Ergebnisse werden im März erwartet. Schon zum Januar erheben die USA Strafzölle in Höhe von 50 Prozent auf chinesische Halbleiter. Danach könnten sie weiter erhöht werden.

Die Geschäftszahlen des niederländischen Ausrüsters ASML untermauern, dass China erheblich in die Fertigungskapazität älterer Prozesstechnik investiert. Allein in den ersten drei Quartalen 2024 kauften chinesische Fertiger wie SMIC Lithografie-Systeme im Wert von 7 Milliarden Euro – fast die Hälfte von ASMLs gesamten Verkaufsumsatz.

ASML-Manager betonten mehrfach, dass China ausschließlich Maschinen für ältere Fertigungsprozesse kauft. Moderne Lithografie-Systeme darf die Firma nicht nach China verkaufen.

(mma)