Lehrerbenotungen im Internet: Jetzt sind die Eltern am Zug

Die Macher der Lehrerbewertungsseite spickmich.de bauen ihr Internetangebot aus und nehmen künftig ganze Schulen ins Visier. Auf schulradar.de können Eltern Noten für Lehrer, Schulleitung, das Klima an der Schule oder das Schulgebäude vergeben.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die Macher der Lehrerbewertungsseite spickmich.de bauen ihr Internetangebot aus und nehmen künftig ganze Schulen ins Visier. Auf schulradar.de, das am morgigen Dienstag online gehen soll, könnten Eltern zum Beispiel Noten für die Lehrer, die Schulleitung, das Klima an der Schule oder das Schulgebäude vergeben, erklären die Spickmich-Betreiber. "Wenn Kinder auf eine weiterführende Schule wechseln, beginnt für Eltern oft eine mühsame Suche nach Informationen." Das neue Forum solle ihnen einen Überblick über die Schulen in ihrer Umgebung verschaffen.

"Nach mehreren hundert Anfragen in den letzten Monaten werden wir mit schulradar.de den Wunsch vieler Eltern aufgreifen", sagt Spickmich-Initiator Manuel Weisbrod. "Es reicht vielen Eltern einfach nicht, nur einmal im Jahr beim Tag der offenen Tür die Schule zu besichtigen, um dann die Schulentscheidung für ihre Kinder zu treffen."

Das Spickmich-Portal wird seit gut einem Jahr von vier Kölner Studenten betrieben und hat mittlerweile eine halbe Million Nutzer. Insgesamt 250.000 Lehrer sollen bereits benotet worden sein – was allerdings nicht bei allen gut ankommt: Zwei Lehrerinnen gehen juristisch gegen Spickmich vor, weil sie sich durch die ins Netz gestellten Bewertungen in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt fühlen.

Gerichte haben bislang aber jedes Mal für Spickmich entschieden. Die Richter befanden, die Benotungen seien durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gelte zwar nicht unbeschränkt, sondern finde seine Grenzen bei reinen Schmähkritiken und Beleidigungen, doch davon könne bei Spickmich nicht die Rede sein.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Deutsche Philologenverband lehnen das Portal hingegen ab, weil die Lehrer dort an den Pranger gestellt würden. Auch am neuen Internet-Angebot dürften sie wenig Gefallen finden, bekommen doch damit auch Eltern, die ihrer sozialen Verantwortung möglicherweise nicht gewachsen sind, eine kaum zu kontrollierende Beurteilungsmacht über Lehrer und Schulen.

Wie verhärtet die Fronten teilweise sind, zeigen unter anderem gerichtliche Auseinandersetzungen in Hannover. So wurden in der niedersächsischen Landeshauptstadt zuletzt mehrere Personen verurteilt, weil sie Lehrer körperlich oder verbal attackiert hatten. Ein Tassenwurf gegen den Schulleiter ihres Kindes brachte einer Mutter sechs Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie 300 Stunden gemeinnützige Arbeit ein, eine andere Mutter wurde zu einer Geldstrafe von 300 Euro verurteilt, weil sie Lehrer bei einem Elternabend verbal scharf angegriffen und den Schulleiter als Ausländerfeind bezeichnet hatte. (pmz)