Lichtverschmutzung verschlimmert sich deutlich schneller als angenommen

Etwa alle acht Jahre verdoppelt sich die Helligkeit des Nachthimmels in aller Welt. Damit ist die Lichtverschmutzung noch gravierender als bislang gedacht.

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Darstellung der verschiedenen Ausprägungen von Lichtverschmutzung

(Bild: NOIRLab/NSF/AURA, P. Marenfeld)

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Lichtverschmutzung ist weltweit deutlich schlimmer als bislang angenommen, im Schnitt wird der Nachthimmel jedes Jahr um fast zehn Prozent heller. Das hat eine deutsche Forschungsgruppe im Auftrag des US-Forschungszentrums NOIRLab herausgefunden.

Das Team um Christopher Kyba vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) hat auf Amateur-Astronominnen und -Astronomen zurückgegriffen. Diese konnten in der Webanwendung "Globe at Night" angeben, welche Darstellung eines ungestörten, beziehungsweise stärker lichtverschmutzten Nachthimmels am ehesten dem entspricht, den sie an ihrem Standort zu sehen bekommen. Ausgewertet wurden rund 50.000 Werte für etwa 20.000 Standorte.

Das Ergebnis habe gezeigt, dass Analysen auf Basis von Satellitenmessungen das Ausmaß der Lichtverschmutzung deutlich unterschätzen. Über weiten Teilen der Erdoberfläche zeige der Himmel nach dem Sonnenuntergang nachts nicht mehr das Sternenlicht und den Mond, sondern ein Leuchten aufgrund künstlicher Lichtquellen, erklärt das Team im Forschungsmagazin Science. Dieses Glühen habe im 20. Jahrhundert exponentiell zugenommen und der Nachthimmel sehe längst komplett anders aus als in den Epochen, in denen sich Leben und später die Zivilisationen entwickelt haben.

Und die Entwicklung sei lange nicht zu Ende: "Ein Kind, das jetzt an einem Ort geboren wird, wo nachts 250 Sterne zu sehen sind, würde 18 Jahre später nur noch 100 sehen", erklärt Kyba. Die zunehmende Lichtverschmutzung habe bereits 30 Prozent der Weltbevölkerung und 80 Prozent der Menschen in den USA der Sichtbarkeit der Milchstraße beraubt. In Nordamerika ist die Zunahme mit mehr als 10 Prozent besonders stark, im bereits sehr hellen Europa wurde eine jährliche Zunahme um 6,5 Prozent ermittelt.

An dem Projekt "Globe at Night", in dessen Rahmen die Daten gesammelt wurden, kann man weiterhin teilnehmen, es gilt als wichtige Ergänzung anderer Analysen.

Bislang wird das globale Ausmaß von Lichtverschmutzung vor allem mit Satelliten gemessen, das hat aber seine Grenzen. So gebe es im Orbit keine Instrumente, die die gesamte Erde im Blick haben und dort Wellenlängen detektieren können, die kürzer sind als 500 Nanometer. Genau dieses blaue und grünlich-blaue Licht trage aber überproportional zur Lichtverschmutzung bei, weil sie in der Atmosphäre stark gestreut werden. Solches Licht stamme etwa von den immer weiter verbreiteten weißen LEDs. Außerdem könne aus dem All horizontal ausgestrahltes Licht nicht sehr gut vermessen werden. Das stamme etwa von beleuchteten Schildern und Fenstern und habe ebenfalls einen großen Anteil an der Lichtverschmutzung auf dem Boden.

Lichtverschmutzung gilt schon seit Längerem als wachsendes Problem, nicht nur für die Astronomie und die Sternenbeobachtung. Der künstlich erhellte Nachthimmel wirkt sich negativ auf die menschliche Gesundheit und die Fauna aus, erklärt das NOIRLab, weil es den natürlichen Wechsel von Sonnen- zu Sternenlicht unterbricht, unter dem sich das Leben entwickelt hat. Zudem bedeute der Verlust des Sternenhimmels auch einen schmerzlichen Verlust an kulturellem Erbe: Bis vor relativ kurzer Zeit habe die Menschheit einen beeindruckenden Blick auf den nächtlichen Himmel gehabt, was sich in allen Kulturen widerspiegele, von Mythen bis hin zu Gebäuden.

Gegenüber der dpa lobt Kyba zur Vorstellung der Studie noch den Umgang mit Beleuchtung hierzulande: "Deutschland beleuchtet im Vergleich zu anderen Ländern sehr konservativ, das ist gut." Zu den Regionen mit dunklem Himmel und noch guter Sicht auf die Sterne gehörten etwa die Eifel, Rügen oder die Mecklenburger Seenplatte. Ein stärkeres Bewusstsein für die Problematik, weniger Beleuchtung und einheitliche Regelungen seien gleichwohl nötig. Andernfalls werde es in Zukunft nur noch wenige Orte geben, zu denen man sehr weit reisen muss, um die Sterne zu sehen, warnt Andreas Hänel von der Vereinigung der Sternenfreunde.

(mho)