Linux-Distribution Peppermint OS 11 wechselt von Ubuntu zu Debian

Nach dreijähriger Pause meldet sich das schlanke Linux-System mit größeren Umbauten zurück. Etwa ein Abschied von LXDE: Der Desktop ist nun ein pures XFCE 4.16.

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Aufmacher Peppermint OS 11

(Bild: Screenshot)

Update
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • David Wolski

Die neue Ausgabe von Peppermint OS 11 wechselt die Betriebssystembasis von Ubuntu 18.04 LTS auf Debian 11 und stellt eine Überraschung dar. Denn dem einsteigerfreundlichen System war auf tragische Weise der Gründer und Hauptentwickler abhandengekommen: Mark "Pcspecnet" Graeves verstarb in Jahr 2020 plötzlich und unerwartet – für viele andere kleine Linux-Distributionen wäre dies das Ende gewesen. Die Anwenderschaft und Entwicklercommunity von Peppermint OS war aber bereits groß genug. Die neue Version haben die Entwickler Mark Graeves gewidmet und dabei nicht nur den Unterbau gewechselt.

Als Peppermint OS vor elf Jahren erstmals erschien, kam als Arbeitsoberfläche ein besonders schlankes, aber dank vielen Anpassungen sehr ansehnliches LXDE zum Einsatz. Über die Jahre tauschten die Entwickler Teile von LXDE gegen Elemente von XFCE aus und behielten am Ende nur noch den Session-Manager und einige Anwendungen wie das Terminal von LXDE. Peppermint OS 11 macht hier einen Schnitt und nutzt jetzt ein reines XFCE 4.16 aus den Debian-Paketquellen auf dem Desktop.

Erste Schritte: Wie bei vielen Linux-Systemen mit einer Zielgruppe unter den weniger versierten Linux-Aficionados, wartet Peppermint OS mit einem Tool zur ersten Einrichtung und Anpassung auf.

(Bild: Screenshot)

Weiterhin ergänzt die Distribution, vergleichbar mit Linux Mint und Ubuntu Mate, das System um ein eigene, vornehmlich in Python programmierte Tools zur Einrichtung sowie zur vereinfachten Konfiguration. Auch gibt es jetzt einen Willkommensbildschirm für die ersten Schritte, um typische Anwendungen mit wenigen Klicks aus Debians Stable-Zweig nachzuinstallieren.

Es gibt dort aber die Möglichkeit, das System fit für Flatpaks oder Snap-Pakete zu machen und deren Runtimes auch gleich einzurichten. Als regulärer, grafischer Paketmanager steht das bekannte Synaptic als Frontend für apt bereit. Die Abkehr von Ubuntu bedeutet auch ein Abschied vom Ubuntu-Installer "Ubiquity", der von Calamares abgelöst wurde, den beispielsweise auch Manjaro und Kubuntu verwenden.

Calamares als Installer: Die Betriebssystembasis ist nun Debian 11 Bullseye. Der bisher verwendete Ubuntu-Installer Ubiquity wurde in Peppermint OS 11 durch Calamares ersetzt.

(Bild: Screenshot)

Weiterhin ist wenig vorinstalliert - auf die üblichen Pakete wie LibreOffice, Gimp oder Inkscape verzichtet Peppermint OS. Traditionell hat es einen Schwerpunkt auf Anwendungen, die im Webbrowser laufen. Diese sollen sich hier, ähnlich wie Electron-Apps, möglichst nahtlos zwischen den regulären Anwendungen einfügen und Browser-Elemente ausblenden. Während die ersten Ausgaben der Distribution dazu noch Mozilla Prism nutzte und noch vorgefertigte Links zu Google Docs, Pixlr und andere Cloud-Apps mitlieferte, gibt Peppermint OS nun keine dieser Web-Anwendungen vor. Zumal in der anvisierten Anwendergruppe das Loblied auf Cloud-Dienste und Google wohl deutlich leiser wurde.

Es gibt über den Menüpunkt "Internet Ice" aber wieder einen Baukasten, der aus URLs von Web-Anwendungen und einer gewünschten Browser-Engine Programmverknüpfungen für das Anwendungsmenü erstellt. Wer dafür keine Verwendung hat, holt sich die benötigte Software in diversen Paketformaten einfach lokal auf das System. In diesem Anwendungsfall ist Peppermint OS 11 also nur ein minimales, aber gut erweiterbares Debian-System, das in der Grundausstattung schon mit 6 GB Speicherplatz zufrieden ist.

Bei der Installation von Browsern in Peppermint OS 11 fällt auf, dass es sich hier um veraltete Versionen aus dem Stable-Zeig Debians handelt. So steht Chromium bei Version 90, während schon 98 aktuell ist. Firefox ist in Peppermint OS 11 bei ESR 78.x stehen geblieben. Dies ist aber kein Problem Debians mehr, denn die Security-Updates der Distribution liefern seit Anfang des Jahres neue Versionen dieser Browser. In den Paketquellen von Peppermint OS 11 sind auch die Quellen "bullseye-security" und "bullseye-backports" mit angegeben.

Allerdings wird diesen Quellen über die Konfiguration in /etc/apt/preferences.d eine niedrige Priorität zugewiesen, sodass kein Update aus diesen doch recht wichtigen Quellen erfolgt. Eine Lösung ist, bei einem manuellen Update die Browser mit sudo apt-get install -t bullseye-security chromium firefox-esr zu installieren.

Peppermint OS 11 liegt für x86-32-Bit-Hardware und in 64 Bit vor (amd64). Der Download des installierbaren Live-Systems als ISO-Datei (1,44 GByte) ist auf Github und Sourceforge gehostet. Ein gut besuchtes Forum ist für seinen einsteigerfreundlichen und hilfsbereiten Ton bekannt, der Peppermint OS zu seinem heutigen Bekanntheitsgrad verholfen hat.

[Update 10.02.2022 15:00 Uhr] Den Hinweis auf vermeintliche veraltete Browser in den Paketquellen von Debian 11 auf zurückgehaltene Pakete in Peppemint OS 11 geändert.

(dmk)