Linux-Entwickler malt Horrorszenario um die Gefahren von Closed-Source-Treibern

In einer Mail auf der Kernel-Mailingliste (LKML) beschreibt Arjan van de Ven ein erfundenes Szenario, das die Gefahren von Closed-Source-Treibern und stabilen Treiber-Schnittstellen für Linux aufzeigt.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Arjan van de Ven hat auf der Kernel-Mailingliste (LKML) unter dem Titel "Linux in a binary world... a doomsday scenario" ein Szenario beschrieben, das Gefahren von Closed-Source-Treibern und stabilen Treiber-Schnittstellen für Linux aufzeigen soll. Am vergangen Wochenende hatte Linux-Vater Linus Torvalds eine Änderung in den Entwicklerkernel 2.6.15-rc5 aufgenommen, die speziell dem Closed-Source-Treiber von Nvidia zugute kommt.

Van de Ven war lange Jahre Verwalter des Kernels von Red-Hat-Distributionen und zählt zu den bekanntesten Kernel-Entwicklern. In seinem Szenario beschreibt er, was alles passieren könnte, wenn die Linux-Entwickler Closed-Source-Treiber ab dem morgigen Tag erlauben würden. So könnten sich Hardware-Hersteller aus der Programmierung von Open-Source-Treibern zurückziehen und nur noch Closed-Source-Treiber bereitstellen. Die würden unter Umständen nur noch auf ausgewählten Distributionen laufen, Benutzer von derzeit rein auf Open-Source-Software setzende Distributionen wie Debian, Fedora oder OpenSuse hätten das Nachsehen.

Würde ein stabiles ABI (Application Binary Interface) für Treiber eingeführt, könnte ein Fehler in diesem Bereich zu ausnutzbaren Sicherheitslücken führen, die sich nicht so einfach beheben ließen, weil erst alle Treiber an das neue, korrigierte ABI angepasst werden müssen. Die Weiterentwicklung eines Kernel 2.7 mit einem besseren ABI wäre erschwert, da Entwicklern und Testern unter Umständen die Treiber für ihre Hardware fehlen würden.

Das sind nur einige, kurz angerissene Aspekte aus dem Szenario. Am Ende seiner Mail kritisiert er unter anderem auch aktuelle Entwicklungen wie den Ndiswrapper – dieser ermöglicht es, Windows-WLAN-Treiber unter Linux einzusetzen. Das soll laut den Ndiswrapper-Programmierern jedoch mit einigen Chipsätzen nicht mehr funktionieren, wenn eine seit langem geplante Änderung zum Verkleinern des Stacks auf i386-Systemen in den Kernel einzieht – daher gab es um diese Änderung schon eine Vielzahl an langen Diskussionen, die letzte ausführliche Debatte erst vor drei Wochen.

Einer der Auslöser für das Posting von van de Ven dürfte unter anderem auch eine Änderung von Linus Torvalds am aktuellen Entwicklerkernel sein. Während der 2.6.15-Entwicklung wurden hier einige Treiber-Schnittstellen (API, Application Programming Interface) geändert, die anschließend über EXPORT_SYMBOL_GPL freigegeben wurden. Solche APIs dürfen jedoch nur GPL-kompatible Treiber benutzen. Der unter einer Closed-Source-Lizenz stehende Nvidia-Grafikkartentreiber würde sie jedoch laut einem unter einer Nvidia-E-Mail-Domain postenden Entwickler gerne einsetzen. Daraufhin änderte Torvalds dies wieder in einen Export, den auch die Nvidia-Treiber nutzen dürfen.

Das hat auch Van de Ven bemerkt und den Linux-Vater in einem Posting um Stellungnahme gebeten – der ist jedoch nach der Veröffentlichung von Kernel 2.6.15-rc5 erst einmal für eine Woche fern von Computern und reagierte bisher nicht.

Zum Thema Closed-Source-Treiber unter Linux siehe auch: (thl)