Lübeck: Keine Maut im Herrentunnel

Probleme mit falsch installierten Mautboxen, mit der metallbeschichteten Wärmeschutzverglasung einiger Fahrzeuge und mit der Synchronisation der Abrechnungsservern verhindern derzeit das korrekte Funktionieren der Maut für den neuen Tunnel unter der Trave

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Technische und organisatorische Probleme haben dazu geführt, dass das von der australischen Firma Transtoll gelieferte Mautsystem für den Lübecker Herrentunnel vorerst nicht scharf geschaltet werden kann. Bis auf weiteres ist damit die Fahrt unter der Trave im 860 Meter langen Tunnel kostenlos. Ursprünglich sollte die Maut ab dem vergangenen Samstag erhoben werden. Gleich drei Fehler machen dem ambitionierten System zu schaffen: Falsch installierte Mautboxen und die metallbeschichtete Wärmeschutzverglasung einiger Fahrzeuge verhindern das automatische Buchen der mindestens 75 Cent Tunnelgebühr, dazu gibt es Synchronisationsprobleme bei den Abrechnungsservern. Das Mautsystem in dem nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz als Public-Privat-Partnership errichteten Tunnel gilt als Vorläufer für die Bemautung der Elbquerung auf der A 20.

Der für 170 Millionen Euro gebaute Herrentunnel löst die altersschwache Herrenbrücke ab, mit der die B75 die Trave quert. Der Bau dieses Tunnels wurde nach dem Modell Public Private Partnership realisiert, das eine Mischfinanzierung im Straßenbau gestattet. 88 Millionen Euro (soviel hätte eine Ersatz-Klappbrücke gekostet) kamen vom Bund, den Rest finanzierten die Firmen Hochtief PPP Solutions und Bilfinger Berger BOT vor. Dafür hat das Herrentunnel-Konsortium das Recht, 30 Jahre lang eine Tunnelmaut zu erheben. Der Lübecker Herrentunnel ist nach dem Warnowtunnel das zweite PPP-Straßenbauwerk in Deutschland.

Zur automatischen Abrechnung benutzen beide Tunnel unterschiedliche Transpondersysteme, die im Auto an der Windschutzscheibe installiert werden müssen. In Lübeck ist dies die Quickbox von Transtoll, die in einer Halterung so an der Scheibe angebracht wird, sodass sie nach rechts aus der Halterung geschoben werden kann. Schon im Vorfeld hatte es die Panne gegeben, dass die als Einbauanleitung geschalteten Anzeigen des Konsortiums ein Foto aus Australien veröffentlichten. Dort herrscht Linksverkehr, entsprechend ist die Quickbox nach links aus der Halterung zu ziehen. Verunsichert durch die Warnungen vor der falschen Anleitung gingen viele Autofahrer dazu über, die Quickbox ins "Handschuhfach" des Wagens zu legen, wo die Transponder-Chips nicht von den Lesegeräten aufgespürt werden können. Als zweites Problem stellte sich zum Start der Maut, ähnlich wie in Österreich, offenbar die Metallbeschichtung mancher Windschutzscheiben heraus, die zur Wärmedämmung vor allem bei LKW und Bussen aufgebracht ist. Als drittes Problem nannte die Betreibergesellschaft Herrentunnel "Kommunikationssfehler zwischen den beiden parallel laufenden Abrechnungsservern", die am Montagmorgen nach dem Einschalten der Mautabrechnung auftraten.

Die Folge waren Staus vor den Tunnelzufahrten, die sich erst mit der Abschaltung des Systems auflösten. Bei Herrentunnel betont man, dass die Steuerzahler nicht für die Fehler bezahlen müsse, da eine Schadensversicherung in Kraft träte. Die Lübecker Bevölkerung werde kurzfristig informiert, wenn die Maut reibungslos und staufrei erhoben werden kann. Dies werde frühestens nach Korrektur des Softwarefehlers möglich. Die Zeit will man nutzen, um über den korrekten Einbau der Quickbox zu informieren. (Detlef Borchers) / (jk)