MP3.com kämpft ums Überleben

Schadenersatzansprüche der etablierten Musikkonzerne könnten das Internet-Unternehmen ruinieren.

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Von
  • Christian Persson

MP3.com will das am Freitag zugunsten der etablierten Musikindustrie ergangene Urteil anfechten. "Wir stehen in einem Schwergewichtskampf", sagte MP3.com-Gründer Michael Robertson. "Der Kampf ist noch lange nicht zu Ende." Zugleich bemühte er sich um Argumente zur Schadensbegrenzung in der Sache, in der es für sein Unternehmen um die nackte Existenz geht: Eigentlich bedeute es eine Niederlage für die Musiklabels, wenn ein verantwortungsbewusster Service wie "My MP3.com", dessen Anwender die Musik-CDs immerhin zuvor kaufen müssten, möglicherweise gestoppt werde. "Das eröffnet ein Vakuum für andere Dienste wie Napster und Gnutella, die die Künstler nicht schützen", sagte Robertson.

Die Entscheidung von US-Bundesrichter Jed S. Rakoff, wonach MP3.com für den Schaden haftbar ist, der den Klägern durch den Dienst "My MP3.com" entstanden sein soll, könnte auf eine gigantische Schadenersatzsumme hinauslaufen. "My MP3.com" ermöglicht es den Anwendern, Musiktitel im MP3-Format von jedem Ort aus über das Internet abzurufen, nachdem sie den Besitz einer entsprechenden Musik-CD nachgewiesen haben. Der Nachweis wird durch Einlegen der Scheibe in das CD-Laufwerk des PCs erbracht. MP3.com glaubte, mit diesem Verfahren rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. "Dadurch haben wir die Anwender veranlasst, mehr CDs zu kaufen", sagt Robertson. Die Kläger hingegen sind überzeugt, dass diese Form der Online-Musikdistribution durch "My MP3.com" zu Einbußen beim CD-Verkauf führe.

Rund 45.000 Musiktitel waren in der Datenbank von MP3.com gespeichert, als die Musikkonzerne ihre Klage einreichten; unterdessen sind es rund 80.000 Songs. US-Medien spekulieren, dass den Klägern Schadenersatz zwischen 750 und 30.000 US-Dollar für jeden einzelnen Fall der Copyright-Verletzung zugesprochen werden könnte – oder sogar bis zu 150.000 Dollar, wenn das Gericht auf Vorsatz erkennt. Dann würden auch die 370 Millionen Dollar an liquiden Mitteln, die MP3.com noch von seinem erfolgreichen Börsengang in der Kasse hat, zur Rettung der Firma nicht ausreichen.

Die Urteilsbegründung soll erst in etwa zwei Wochen vorgelegt werden. Bis dahin bleibt offen, inwieweit der Richter den Argumenten der Kläger gefolgt ist, die in diesem Prozess erstmals eine juristische Handhabe gegen MP3.com gefunden zu haben scheinen. Das Unternehmen mit seinem Konzept zur Distribution von Musik über das Internet galt schon lange als massive Bedrohung für das Geschäft der etablierten Musikkonzerne. (cp)