Mannesmann: Das Ende eines Traditionskonzerns

Hintergrund: Am Montag tritt Klaus Esser das letzte Mal vor die Aktionäre des Mannesmann-Konzerns; die Holding ist aber nur noch eine leere Hülle.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Wenn Klaus Esser am kommenden Montag das letzte Mal vor die Aktionäre der Mannesmann AG tritt, könnte es bei seinem Abschied ganz familiär zugehen. Aus der erfolgreichen und einst so großen Publikumsgesellschaft ist eine abhängige Tochterfirma geworden. Rund 99 Prozent des Aktienkapitals des Konzerns, der Ende des 19. Jahrhunderts mit den nahtlos geschweißten Rohren der Firmengründer Max und Reinhard Mannesmann entstanden war, gehört inzwischen dem Mobilfunkriesen Vodafone AirTouch.

Mit Ablauf des Aktionärstreffens räumt Esser des Feld: Nach dem teuersten Unternehmenskauf und der bislang größten Übernahmeschlacht der Geschichte sieht der Verlierer keinen Platz mehr für sich in dem Unternehmen. Zu weit hatte sich Esser aus dem Fenster gelehnt und gegen die Übernahme durch Vodafone Dampf gemacht. In der mehrmonatigen Abwehrschlacht hatte er alle Register gezogen - und alles verloren. Esser unterschätzte sowohl seinen Kontrahenten Chris Gent wie auch den Willen den Aktionäre.

Beim Aktionärstreffen in Düsseldorf werden der "Herr der Zahlen" (Esser) und der "Macher" (Gent) noch einmal Geschlossenheit und Eintracht demonstrieren – der eine als scheidender Vorstandschef, der andere als neuer Aufsichtsratsvorsitzender. Seinen Posten gibt der 52-jährige Esser an den Vodafone-Mann Julian Horn-Smith ab, der stellvertretender Direktor des Mobilfunkkonzerns ist. Aber Esser fällt weich: mit 60 Millionen DM Abfindung wird ihm der Abschied von Mannesmann versüßt.

Ein Prozent verbleibende Mannesmann-Anteile – das sind nach Angaben des Konzerns noch rund 10.000 Mannesmann-Aktionäre. Davon wiederum wird erfahrungsgemäß nur ein kleiner Teil an der Hauptversammlung teilnehmen. Einfluss auf Unternehmensentscheidungen haben sie ohnehin nicht mehr. Das Aktionärstreffen ist deshalb kaum mehr als eine Pro-Forma-Veranstaltung: Vorlage des Geschäftsberichts, Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, Dividendenbeschluss und Genehmigung des Verkaufs der Industriesparte Atecs – der Großaktionär Vodafone hat längst entschieden.

Vor einem Jahr gab sich die Mannesmann-Führung vor den Aktionären noch voller Tatendrang und akquisitionshungrig: In Italien hatte das Unternehmen gerade die Gesellschaften Omnitel und Infostrada gekauft, und die Übernahme von Orange stand noch bevor. Ein Jahr später ist Mannesmann kaum wieder zu erkennen. Die Holding ist eine leere Hülse geworden – die Beute aufgeteilt, der Konzern filetiert: Der geplante Börsengang von Atecs (Automobiltechnik/Maschinenbau) wurde kurzerhand gekippt und die Industriesparte für umgerechnet 18 Milliarden Mark an Siemens und Bosch verkauft.

Vor wenigen Tagen trennte sich Vodafone schließlich von einer Perle des Mannesmann-Konzerns: Für rund 100 Milliarden DM ging die Mobilfunktochter Orange an die France Telecom. Vodafone musste Orange aus Wettbewerbsgründen abgeben. Verkauft wurde außerdem das defizitäre Röhrengeschäft, das sich die Salzgitter AG angelte. Mehrere Interessenten gibt es für die Luxusuhren.

Unternehmensteile im Wert von fast 120 Milliarden Mark hat Vodafone inzwischen versilbert. Mobilfunk und Festnetz – das sind die Sparten die Mannesmann noch geblieben sind. Auf die Telekommunikation und insbesondere auf den Mobilfunk (D2, Omnitel) hatte es Vodafone schließlich abgesehen. Diese Sparten sollen in den britischen Konzern integriert werden. Dabei ist nicht auszuschließen, dass sich Vodafone als reiner Mobilfunkbetreiber auch vom Festnetzgeschäft trennt.

Für den kommenden Herbst erwägt Gent den Börsengang von Mannesmann Arcor und der italienischen Infostrada. Doch er beteuert: "Die Mehrheit bleibt bei Vodafone". Versprechungen dieser Art hatte es auch in Sachen Atecs gegeben – und dann kam alles doch ganz anders. (Peter Lessmann, dpa) (jk)