Mark Zuckerberg: Warum der Meta-Chef jetzt plötzlich zum Hipster wird
Beobachter des Facebook-Gründers bemerken seit Monaten eine seltsame Wandlung vom Asketen zum Trendsetter. Ein möglicher Grund: Marketing – und die Politik.
Viele Jahre über verfolgte Mark Elliot Zuckerberg, Mitbegründer von Facebook und heutiger Chef der Mutterfirma Meta Platforms, bei seiner Bekleidung eine simple Philosophie: Ich habe sowieso tagtäglich so viele Entscheidungen zu treffen, da muss ich das nicht auch noch bei meinen Klamotten tun. Das Resultat dieses Kampfes gegen die sogenannte Decision Fatigue vieler Topmanager: "Zuck" besorgte sich Dutzende hochwertige graue T-Shirts (Preis: rund 300 Euro pro Stück) samt passender Jeans und trug den Look einfach jeden Tag, manchmal ergänzt durch seine berühmt-berüchtigten Adidas-Schlappen.
Nur bei Anhörungen des US-Kongresses und anderen Anlässen politischer Art warf er sich in Schale, was häufig so wirkte, als habe er zum Konfirmandenanzug gegriffen. Ähnlich asketisch ging es bei Zuckerbergs Frisur zu: Die wurde geschert, wenn es wieder so weit (so lang) war – oder es kam, bei den erwähnten politischen Anlässen, zu einer Alien-artigen Topffrisur kurz vor dem Auftritt.
Von der Topffrisur zum "Hypebeast"
Sprung in den Mai des Jahres 2024: Soeben ist Zuckerberg 40 Jahre alt geworden. Zur Geburtstagsparty trägt er ein hippes Oversized-Shirt samt fetter Goldkette. Die Locken stehen ab wie bei einem Surfer. Auf einer anderen Aufnahme aus dem gleichen Jahr ist der Meta-Boss mit einer auffälligen blauen Uhr zu sehen, der De Bethune DB 25 Starry Varius, Preis knapp 80.000 Euro. Und auf Instagram zeigt er sich immer öfter in verschiedenen, hippen Outfits, einmal mit feschem 3-Tage-Bart, Leinenhemd, Kettchen und bestimmt nicht billiger Patek-Uhr am Handgelenk, denn er hat scheinbar nun auch eine größere Uhrensammlung. Doch was bewegte diesen Mann nun mittleren Alters, plötzlich zum "Hypebeast" mit Shearling-Jacke zu mutieren? Neugewonnener Spaß am Leben und am Geldausgeben, mit rund 200 Milliarden US-Dollar "Net worth" ist ja genug da? Oder hat die Stiländerung andere Gründe?
Schon in den Jahren zuvor hatte Zuckerberg versucht, sein Image zu verbessern, sich interessanter zu machen. Er gab bekannt, künftig jedes Jahr etwas großes Neues lernen zu wollen, sei es die chinesische Sprache, das Jagen von Tieren mit anschließendem Verzehr oder den Aufbau eines Heimassistenten mit KI, bevor es Chatbots gab. Begleitet wurde auch das stets von entsprechenden Instagram- oder Facebook-Posts. Wirklichen Anklang fand das allerdings nicht oder wurde eher belächelt. Vom Look her blieb Zuckerberg ein Nerd – selbst wenn er zwischenzeitlich Elon Musk zum MMA-Kampf herausforderte. Doch nun trägt er Paillettenjacke zur Diskoparty seiner Frau, worüber gleich das Boulevardmagazin People berichtet. Währenddessen analysiert Slate, ob "Zuck" nicht möglicherweise plötzlich "heiß" geworden sei. "Gut aussehen ist nur eine Frage der eigenen Fähigkeiten. Eigentlich kann das jeder", sagt die Risikokapitalgeberin Sarah Cone, die parallel auch in der Stilberatung für Manager aus dem Silicon Valley tätig ist. Das habe das Makeover des Meta-CEOs gezeigt. "Er fängt an, echt cool auszusehen. Er ist das perfekte Beispiel für jemanden, der schon immer ziemlich schrecklich herumlief, aber das war eben keine angeborene Eigenschaft von ihm."
Umstyling aus politischen GrĂĽnden
Nun ist es eigentlich völlig egal, wie modisch ein Mark Zuckerberg agiert. Andere Stars der Techbranche zeigen nackten Oberkörper (Jeff Bezos) oder berichten in Podcasts von ihrer persönlichen Meditationstechnik (Satya Nadella). Auch Zuckerbergs einstige Gleiches-Outfit-jeden-Tag-Strategie war eigentlich von Steve Jobs abgeschaut, der zwischenzeitlich (glücklicherweise erfolglos) plante, alle Apple-Mitarbeiter in Uniformen zu stecken. Doch Meta ist eben etwas anderes, denn der Betreiber des weltgrößten sozialen Netzwerks hat enormen Einfluss auf unser Leben inklusive der Politik. Und da schadet es eben nicht, wenn der zuvor roboterhaft wirkende Chef plötzlich sympathisch wirkt.
Parallel zur Charme- und Hipster-Initiative fährt Meta das Eingreifen in Inhalte zurück, die problematisch sein könnten, womöglich im Vorgriff auf eine neuerliche Trump-Regierung. War der Konzern in Zeiten der Corona-Pandemie gerne hilfreich dabei, Fehlinformationen zu löschen, räumte Zuckerberg mittlerweile ein, vom Weißen Haus zur "Zensur" gedrängt worden zu sein und teilte mit, dass er es bedauere, "nicht deutlich genug" gegengesteuert zu haben. "Ich glaube, der Druck der Regierung war falsch." Er denke außerdem, dass Meta einige Entscheidungen getroffen habe, "die wir im Nachhinein und mit neuen Informationen heute nicht mehr so treffen würden". In der Praxis heißt das: Meta will sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren, mit personalisierter Reklame Geld zu verdienen, ohne zum Schiedsmann politischer Ausrichtungen zu werden. Egal, wie man dazu steht: Das kann der Konzern nur dann, wenn auch der Chef möglichst unpolitisch ist – und unpolitisch bedeutet in diesem Fall auch, dass er zum Hipster mutiert. Wie erfolgreich die Strategie sein wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls lässt sich durch die Berichterstattung über neue "heiße" Outfits und anderen Schnickschnack – zuletzt postete Zuckerberg etwa, er habe sich und seiner Frau weiße Porsches in Sonderausstattung besorgt – prima vom Thema ablenken.
(bsc)