Marvin Minsky: Künstliche Intelligenz ist gehirntot

Der für seine provokanten Thesen bekannte KI-Experte Marvin Minsky brüskierte die Forschergemeinde.

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Von
  • Michael Kurzidim

Der für seine provokanten Thesen bekannte KI-Experte Marvin Minsky brüskierte die Forschergemeinde. Das Wissensgebiet der Künstlichen Intelligenz (KI) sei seit 1970 gehirntot, resümierte der Wissenschaftler in einem Vortrag, den er vor kurzem an der Universität von Boston hielt. Einzig das Cyc-Projekt von Doug Lenat, eine immens große Wissensdatenbank, die durch einen Regelapparat zum Leben erweckt wird, sei auf dem richtigen Weg gewesen.

Doug Lenats Mammutprojekt läuft seit Jahren: Mehr als eine Million per Hand eingegebener Fakten und Regeln über die Welt sollen Cyc das lehren, was ein Mensch so nebenbei erwirbt: Erfahrungswissen (common sense). Bäumen stehen normalerweise im Freien; wenn Menschen sterben, dann hören sie auf, Dinge einzukaufen, und gefüllte Getränkegläser sollte man nicht mit der Öffnung nach unten tragen. Gemeinplätze für uns Menschen, die aber Computer erst mühsam erlernen müssen.

Verständlich, dass Minsky mit seinem brutalen Gehirntot-Urteil beim Rest der Forschergemeinde nicht auf Zustimmung stieß. Die letzten 15 Jahre seien für die KI eine sehr aufregenden Zeit gewesen, meint Stuart Russel, Direktor des Zentrums für Intelligente Systeme an der kalifornischen Universität Berkeley. Er sei überrascht und enttäuscht über Minskis Einschätzung, denn Forscher, die sich mit Robotertechnik, Wahrnehmen und Lernen beschäftigen, hätten enorme Fortschritte erzielt. Heutige KI-Systeme entdeckten Betrügereien mit Kreditkarten, indem sie von früheren Banküberweisungen lernen. Auch Spracherkennungs-Software für PCs und biometrische Systeme zur Gesichtserkennung benutzten Forschungsergebnisse der Künstlichen Intelligenz, sagte Russel. (ku)